Also hier wie versprochen der Rest von der Reise.
Nach dreieinhalb Tagen verabschiedete ich mich dannalso von Pucallpa, kaufte mir eine bequeme Hängematte und stieg an Bord eines Frachtschiffchens, das ich die nächsten vier Tage nicht verlassen sollte. Das trug mich nämlich [und auch einige andere Passagiere, wie der (nicht vorhandene) Platz zwischen den Hängematten zeigt
] zunächst den schon ziemlich grossen Ucayali und später dann den noch mal viel viel grösseren Amazonas runter bis nach Iquitos. Ja, es war schon ein bisschen eng, aber das war gar nicht schlimm, wie man denken könnte. Meine Nachbarn waren allesamt ganz nett und haben auch hin und wieder mal ein Auge auf meine Sachen gehabt, wenn ich mal für kleine Mädchen musste. Die Klos waren so ziemlich das unangenehmste und ich bin mal so frei und enthalte euch ein Foto vor aber auch daran kann man sich gewöhnen und später viel es mir nicht mal schwer, mich darin zu duschen. Gelangweilt habe ich mich übrigens nicht. Ich hatte genug Bastelzeugs dabei und vertrieb mir die Zeit an sonsten noch mit Musik hören, im Reiseführer blättern, Wäsche waschen, mal wieder ein bisschen das Reisetagebuch aktualisieren… ach ja, und als Quotengringa, das heisst einzige Weisse auf dem ganzen Schiff wird man sowieso ständig und überall angequatscht und in ein Gespräch verwickelt. Das Essen an Bord war auch nicht gar so schlecht, nur ein bisschen Kohlenhydratlastig (Reis, Kochbananen, Haferbrei, Brot, Reis, Nudeln, Bohnen, Reis..) Und abends eine Suppe mit einem Stück Fleisch und mit ein bisschen Glück dieser Aussicht:
Jaja, der Wald ist schon was besonderes… Die Kost wurde aber jedesmal erweitert, wenn wir an einem Dorf anlegten. Hier strömten dann jedes Mal ganz viele Kinder und Frauen mit Körben voller Speisen, Obst, Getränken und Naschereien an Bord.
Nach vier Tagen und Nächten betrat ich dann endlich mein ersehntes Iquitos, eine ziemlich quirlige Stadt im zentralen Regenwald. Ein kleiner Junge der mir auf meine Frage hin versicherte, er wolle mich nicht ausrauben, zeigte mirein günstiges aber hübsches Hostal ganz in der Nähe des Plazas und meine erste Amtshandlung war eine erfrischende Dusche. Dann wollte ich mich auf die Suche nach etwas Essbarem begeben (an Bord hatten sie uns doch tatsächlich um das Frühstück geprellt… „Sauhunde!“ würde mein Papa sagen), verliess das Hostal – und stiess nach zwei Schritten mit einem Indianer zusammen. Der hiess Juan und entpuppte sich als ebenso hungrig wie ich. So machten wir uns gemeinsam zum Markt auf und frühstückten ersteinmal. Genaugenommen ist Juan gar kein richtiger Indianer sondern kleidet und schminkt sich gerne als solcher, wenn er auf die Strasse geht um mit seinen Macheten zu jonglieren und Geld zu verdienen oder wenn er mit Freunden raus geht oder… naja, eigentlich kleidet und schminkt er sich immer so.
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Das war in sofern ganz praktisch, dass das Hauptaugenerk nun nicht mehr ganz so sehr auf dem Gringamädchen lag. Noch praktischer war aber, dass der Gaukler ursprünglich tatsächlich aus einem Dorf in der Nähe von Iquitos kommt und mir so ein paar schöne Stellen der Stadt zeigen konnte. So lernte ich das Venedig des Amazonas kennen, das bunte Armenviertel Belén, welches in der Regenzeit immer so hoch unter Wasser steht, dass man sich nur mit einem Boot fortbewegen kann.
Ach ja, und wie könnte ich es vergessen? Dann war natürlich erst einmal Carnaval. Hier in Perú heisst das vor allem: ganz viele und unter Umständen den ganzen Febuar hindurch Wasserbomben! In Iquitos im Speziellen läuft das hauptsächlich eben an diesem Wochenende ab, an dem ich eben angekommen bin. Hier kommen dann noch alle möglichen knallbunten und in den seltensten Fällen wasserlösliche Farben ins Spiel und auch verschiedenfarbiger Lehm und stark Färbende Pflanzenkapseln wurden verkauft. Als wir am Samstagabend unterwegs waren, kammen wir noch so gerade unbeschadet durch eine schon absolut lila gefärbte Strasse. Später sollte uns dann noch eins der Opfer begegnen… Da bekommt blau machen eine ganz neue Bedeutung. Der Mann ist sicher noch ein paar Tage so rumgelaufen. Am fiesesten fand ich persönlich die Motorräder, bei denen der Beifahrer den Arm voller Wasserbomben hatte und so nichts ahnende Fussgänger oder Bus- und Motocarpassagiere tyranisieren konnte. Es gibt aber auch weniger brutale Traditionen, zumindest, wenn man keine Húmisha-Palme ist. Die werden nämlich zu Carnaval mit allerlei (nützlichem) Kram behängt und aufgestellt. Dann wird darum herumgetanzt, biss sie irgendwann gefällt wird.
Leider bin ich irgendwie nicht in den Genuss eines solchen Spectacels gekommen, ich war immer zur falschen Zeit am falschen Ort und das Wochenende war ein bisschen verregnet, weswegen ich nicht so viel draussen war. Dafür hab ich aber ein bisschen was vom Umzug gesehen, der schon so gerade ansatzweise Carnaval in Rio erahnen lässt. Auch am Abend auf einem Platz mit einer grossen Bühne gab es viel knappbekleidete Tänzerinnen und natürlich Musik.
In den kommenden (leider viel zu wenigen) Tagen machte ich noch ein paar Ausflüge ins Grüne (und auch in den wunderschönen Primärregenwald), teilweise auch mit Juan. So gibt es dort einen sehr schönen See – ursprünglich eine Flussschlaufe – namens Quistococha, wo man in herrlichem, tropisch-temperiertem Wasser mit traumhafter Kulisse baden kann.
Gleich dabei gab es dann noch einen Zoo mit einheimischen Tierarten. Und weil es gerade geregnet hatte und schon dämmerte waren wir ganz allein und konnten uns von den Äffchen begrabschen lassen und noch andere Sachen machen, die in deutschen Zoos sicher verboten wären.
Abends lungerten wir dann mit anderen Gauklern auf der Strasse rum (das ist lustiger, als es klingt) verkauften Juans Ketten, spielten mit Feuer oder hockten im Hostal, das der arme Spielmann auf 10 Soles die Nacht runtergehandelt hatte und wo er sich mit Garn und Häckelnadel an meinen Haaren austobte.
Viel zu früh ging es dann mit dem Flugzeug schon wieder zurück in die Hauptstadt, wo ich mich nach all dem Grün, den Erlebnissen und dem feuchten Klima nur noch mässig wohl fühlen konnte. Ich möchte niemandem auf den Fuss treten, aber für mich bleibt Lima wohl immer eine der hässlichsten Städte der Welt.
Tja, und am 26. Febuar traf ich dann Felix, der wohl auch einen schönen Urlaub hatte, etwa eine halbe Stunde, bevor der Flug zurück nach Puerto Maldonado gehen sollte.Dort hatte sich derweil nicht wirklich viel verändert, das Wetter ist noch ein bisschen feuchter geworden, wovon angeschimmelte Betten zeugen und die Ratten sind noch ein bisschen dreisster geworden, wovon der drei mal eingepackte und im Ofen versteckte und trotzdem aufgefressene Mais erzählt. Und so geht das Leben hier wieder seinen gewohnten Gang. Die Mücken sind hier draussen noch etwas nerviger geworden aber dafür ist es schön ruhig (abgesehen von dem Bass, der vom Puff rüberschallt) und während ich das alles hier schreibe kann man noch hin und wieder einen Blick auf die kleinen dunklen Äffchen erhaschen, die ein paar Meter vom Haus entfernt durch die Bäume springen… doch ist auch schon irgendwie schön hier… auch, wenn es nicht die nördliche Selva ist.
Puh, jetzt nur noch das Exotenspecial… Da geht es heute um die Cocosnuss, nicht weil, ich denke, dass keine weiss, wie eine Kokospalme aussieht, ne, diese Bildungslücke haben die Südseefilme sicher schon geschlossen. (Okay, zur Sicherheit trotzdem noch mal.)
Aber zwei andere Erkenntnisse, die ich in den letzten Wochen erwarb, möchte ich mit euch teilen.
1. Wie ja vielleicht einige schon wissen, wächst die Frucht nicht als brauner Klumpen am Baum sondern ist noch von einer Faserhülle ummantelt. Die gibt es in gelb und in grün (und in braun und vertrocknet am Boden liegend). Da könnte man ja nun denken, die Schale ist erst grün und wird dann gelb, wenn sie reif ist. Gustav konnte mich aber eines Besseren belehren (und bei genauerem hinsehen stellte ich dann auch fest ein ganz schöner Pansen gewesen zu sein es nicht selbst bemerkt zu haben): Es gibt Bäume mit grünen und bäume mit gelben Früchten und man wird keine gelben Früchte zwischen grünen finden (und andersherum).
2. Von wegen, man kann einfach in den Dschungel gehen, die Frucht vom Baum pflücken und in den Mund stecken… Im Falle der Kokosnuss ist das eine Mordsarbeit! Eben erwähnte Faserhülle muss man nämlich erst einmal runter zu kriegen wissen. Bei diesem Problem hilft uns tatsächlich rohe Gewalt, wie man bei diesem Bild erkennen kann:
Irgendwann gibt das zähe Material dann aber doch nach und man kann die eigentliche Frucht öffnen. Das geht dann wieder am besten mit der Machete J
X Kokosnuss!
In der nächsten Folge erfahrt ihr dann (hoffentlich) wie ich die ersten Läuse meines Lebens aus meinen einwöchigen Dreads rausbekommen habe… (Für jede noch so absurde Art von Tipp wäre ich sehr dankbar, abgesehen von abschneiden natürlich)
Bis dahin liebe Grüsse in das hoffentlich bald frühlingshaftere Deutschland,
Alondra