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Eine Odyssee – auf Umwegen nach Deutschland


2012
08.05

Meine vorerst letzte Reise in diesem vielfältigen Land. Und sie macht dem Titel alle Ehre, ich fühlte mich die ersten zwei Wochen tatsächlich wie auf einer Odyssee.
Es ging los am Sonntag, dem 15. Juli, an dem ich abends mit meinen vier Gepäckstücken in den Bus nach Cusco stieg. Ja, mal wieder Cusco, dabei muss ich zugeben, dass mich diese Stadt mittlerweile schon ein bisschen langweilt, so schön sie auch ist. Aber dieses mal war ich ja nur auf der Durchreise. Und noch besser: mit guter Begleitung. Dort am Plaza wartete nämlich schon Sebastián auf mich, mit dem ich den Tripp machen wollte. Ziel: der Weg. Endpunkt: Machu Picchu. Ja, ich bin tatsächlich hin. Jetzt kann ich bei der ewig gleichen Frage nicht mehr cool sagen “ne, fand ich langweilig, das Land hat mehr zu bieten als ein paar Steine”. Aber bereuen tu ich es trotzdem nicht.
Zunächst war ich mal überglücklich 75 % meines Gepäcks sicher einzuschliessen, denn wir packten natürlich nur den Kram zusammen, den wir für die Reise brauchen würden. Das war ein bisschen langwierig, sodass ich die Gelegenheit nutze mein Versäumniss vom letzten Mal nachzuholen und euch diesmal mehr als nur die Haare vom Sevas vorstelle:

Hach, ist er nicht ein hübscher? Aber weiter im Text. Als wir dann irgendwann endlich fertig waren kauften wir auf dem Markt noch etwas Proviant ein: Brot, Käse, etwas Obst, scharfen Ají für Sevas („meine Mama sagt, ein Essen ohne scharf ist kein richtiges Essen“) und anderes Gemüse. Dann nahmen wir zunächst mal einen Kleinbus in das Dorf/Städtchen Tarapoto, von dort noch mal einen nach Ollantaytambo und dann gings mit einem Kombi über die Dörfer bis zur Endstation am km 82. Da waren wir ungefähr gegen drei nachmittags uns von dort ging dann die eigentliche Reise los. Ich nenne hier mal nicht die Route, die als Geheimtipp unter Hippies und Abenteuertreckern allgemein bekannt ist, aber ich denke, dieses Foto hier spricht Bände.

Auf dem Weg begegneten wir bald einem Dreiertrüppchen aus zwei Latinamädels und einem schwedischem Cousin, mit denen wir den ersten Tag wanderten. Trotz des kräftigen Windes war es schön, denn man lief sich warm und die Natur mit dem ewig rauschendem Fluss neben einem war atemberaubend. Dabei kam der schönste Teil erst noch. Gegen sieben abends kamen wir am km 94 an, wo es ein paar Unterstände gab und man gut die Nacht verbringen konnte. Wir verabschiedeten uns von den Anderen, weil die aus Zeitmangel die Nacht durchlaufen wollten. Doch wir sollten ihnen noch mehrere Male begegnen. Die Nacht war tatsächlich trotz Schlafsack, Decke und Wollsachen etwas kühl. Gegen morgen wehte uns dann noch ein feiner Nieselregen ins Gesicht, sodass wir uns entschieden, lieber gleich aufzubrechen und uns warmzulaufen. Doch wir kamen nicht weit. Nach ein paar Metern schon hielt uns ein kleines gelbes Schienenwägelchen an. Den zwei Arbeitern waren wir wohl symphatisch, denn sie wollten uns trotz Verbots ein paar Kilometer mitnehmen. Ein weilchen später liefen wir dann am km 106 beglückt durch den grünen Bergregenwald, der hier auf grund des feuchteren Klimas wuchs. Als die Sonne es dann über die hohen Gipfel schaffte, nahmen wir an einem Felsen ein köstliches Frühstück ein und lauschten dem tosenden Fluss unter uns zu dem wir ein paar 100 Meter weiter auch runtersteigen konnten, um uns zu waschen.

Hier vertrödelten wir Stunden, ich hatte fast gar keine Lust noch weiter zu gehen. So kamen wir erst gegen Mittag am km 110 an, wo Aguas Calientes liegt, der Vorort zu den Ruinen. Zunächst schauten wir mal nach den Tickets. Da viel Sevas auf einmal auf, dass er gar keine Lust hatte, sich noch einmal Mapi anzuschauen. Das letzte Mal war er mit seiner grossen Liebe hoch und ausserdem war er zu faul, um zwei Uhr nachts aufzustehen. Da verliess mich auch schon ein bisschen die Lust, doch dank meines Freiwilligenausweises bekam ich die Karte für den Peruaner-Eintrittspreis, rund die hälfte des Touripreises. So machte ich mich am nächsten Morgen dann doch gegen halb sechs an den 1 ½ stündigen Anstieg zu den Steinen. Oben sah ich dann erst mal… nichts. Die Spitze lag im tiefsten Nebel. Irgendwann tauchten dann die ersten Steinmauern auf. Und unglaublich viele Menschenhaufen, mit ununterbrochen redenden Herdenführern an der Spitze. Ich streifte ein weilchen durch die Überreste von Feldern, Wohnhäusern und Tempeln und lauschte den Guids. Belustigt stellte ich fest, dass sie sich wiedersprachen. Die meisten erzählten, die Inka hätten nasses Holz zum spalten der gigantischen Felsblöcke benutzt, an anderer Stelle wurde diese Technik als rein ägyptisch abgetan während die Inca mit sehr hartem Gestein arbeiteten.
Die Bauten an sich waren jedoch schon teilweise recht beeindruckend. Genau wie die kleinen Ruinen, die wir am Wegesrand gesehen hatten. Naja, ich schreibe mal nicht weiter, schliesslich will ich dieses Weltwunder niemandem mies reden. Vielleicht hat es mich einfach wegen dem Wirbel darum und den ganzen anderen Menschen nicht so berührt, obwohl ich es natürlich allen Reisenden gönne. Ich fühlte mich einfach wie an einem toten Ort, an den ich nicht gehöre. Irgendwann stieg ich zum höchsten kostenfreien Punkt des Berges auf, um auf das Aufklaren zu Warten und das obligatorische Gesamtüberblicksfoto zu schiessen. Ich erspare es euch an dieser Stelle, da man es in jedem drittklassigen Südamerikabildband findet.
Der Abstieg, diesmal im hellen, war wieder wirklich sehenswert Mit Orchideenblüten und zwitschernden Vögeln und den grünen Bergen im Hintergrund. Gegen halb 12 war ich unten, wo Sevas auf mich wartete. Wir assen zu Mittag, besorgten noch etwas neuen Proviant und machten uns an die 28 km Rückweg. Die wir diesmal alle aus eigener Kraft bewältigten. Gegen abend waren wir wieder am km 94, wo wir uns diesmal eine etwas geschlossenere Hütte aussuchten und so auch nicht so arg frohren. Gemütlich und erhohlt machten wir uns am nächsten Morgen an den Rückweg und waren am Nachmittag wieder in Cusco.
Das war also die erste Etappe meiner Heimreise mit Umwegen. Jetzt hätte noch ein zwei Tage chillen und dann schön gemütlich ins zwar winterliche aber (nicht zu letzt auch dank Klimawandel) erträgliche Lima fahren können.
Aber nein, ich dumme musste natürlich umbedingt ein Versprechen abgeben, mich vorher noch in La Paz, der Hauptstadt Boliviens blicken zu lassen. Dort fand nämlich eine Capoeira-Veranstaltung statt und Ninja sollte dort vom grossen Obermeister Suassuna sein nächstes Band verliehen bekommen. So fuhr ich von Cusco über Nacht nach Puno, zum Titicaca-see. Dort war dann leider erst mal Endstation, weil Strecke nach La Paz wegen Streiks dicht war. So hing ich 24 Stunden sinnlos an diesem kalten Flecken rum. Am nächsten Tag gab es dann zwar Busse nach La Paz, die fuhren aber anscheinend immer noch Umwege, sodass ich statt 4-5 8 Stunden brauchte und mehrmals umsteigen musste. In La Paz kam ich totmüde an. Dort verbrachte ich dann zwei Nächte und einen Tag, war aber zu kaputt um mir viel mehr als die Capoeiraveranstaltung und das Kino zu besuchen. War aber beides ganz schön. Und ratet mal, was wir uns angeschaut haben XD

Am Montag morgen ging es dann zurück, diesmal etwas schneller mit einzelnen Kombibussen. Brachte mir aber trotzdem nichts, als ich nämlich in Puno ankam, stellte ich nämlich fest, dass die Frau, die mir angeboten hatte, mein Gepäck in ihrem Büro im Busterminal einzuschliessen, und der ich mehrmals gesagt hatte, dass ich am Montag wieder komme und weiter will, verreist war. Und es gab natürlich auch niemanden mit Ersatzschlüssel. So konnte ich nicht wie geplant schnell meinen Kram abholen und durch nach Lima, sondern musste geschlagene zwei Stunden warten. Als die Gute dann endlich da war, gab es keinen Direktbus nach Lima mehr. So stieg ich in den nächsten Bus nach Arequipa. Auf dem Weg gab es dann noch eine kleine Verzögerung, weil die Herren von der Gepäckkontrolle nicht wussten, was ein Tampon ist. Davon hatte ich nämlich noch einige übrig gehabt und war auf die Idee gekommen, die als Polsterung in die Enden des Rohrs zu stopfen, in dem ich diverse lange Gegenstände wie einen Bogen mitschleppe. Blöde Idee.
Naja, irgendwann kam ich dann endlich in Arequipa an und die Reise fing wieder an Spass zu machen. Nicht nur, dass meine Migräne nachliess, die ich wohl wegen der Höhe schon seit La Paz mit mir rumschleppte, im Busterminal wurde ich auch von einem strahlenden Sebastián empfangen. Der war nämlich nach unserer Trennung nach Arequipa gefahren, um ein bisschen Geld für die Weiterreise nach Lima zu verdienen. Ein glücklicher Zufall, denn das war ja auch mein Ziel und zu zweit reist es sich einfach schöner und entspannter. Wir setzten uns also in einen der nächsten Busse nach Lima und ich konnte endlich ein bisschen relaxen. In Lima kamen wir dann für eine Nacht beim Bene unter, ein lieber Mitfreiwilliger, der dort bei Adecap arbeitet.
Als wir abends raus gingen, um uns ein bisschen das Nachtleben Limas anzuschauen, hatte ich auch die Ehre, Sebastians kleinen Bruder Frank kennenzulernen, der dort studiert und Koch lernt. Was für eine Seele! Ich hatte ihn gleich ins Herz geschlossen und er versprach mir, mir in den letzten 24 Stunden, die ich noch in Lima vor mir habe, etwas herrliches Vegetarisches zu kochen. Ich freu mich drauf XD

Am Tag darauf hiess es dann leider schon wieder abschied nehmen und ich setzte mich in den Flieger nach Iquitos, wo ich erst mal eine Weile brauchte, mich von dieser Odyssee zu erhohlen. Aber nun geniesse ich die Tage, obwohl es tatsächlich nun in der Trockenzeit fast unerträglich warm geworden ist in diesem Betonlabyrinth, sogar für mich. Deswegen verbringe ich nicht die ganze Zeit hier hin der Stadt, sondern mache mich auch mal ins Grüne auf.
Dieses Foto entstanden zum Beispiel auf der Rückreise von einem kleinen Dorf namens Pevas, gelegen am Amazonas.

An sonsten passiert irgendwie nicht so richtig viel Spannendes, was noch umbedingt zu erzählen wäre.
Nun noch zwei Takte zur Avocado oder auch Butternuss, auch wenn mir die passenden Fotos gerade seperat von mir in Lima unterwegs sind. Tut mir leid, reiche sie nach…
Also: Dieses Lorbeergewächs findet hier einen ziemlich hohen Zuspruch, kann man doch praktisch überall neben den Broten mit Hühnchen, Ei oder Käse auch Brote mit Avocado und Salz finden. Im Nationalgericht Causa spielt diese tropische bis subtropische Frucht eine zentrale Rolle und in unserer Küche wurde sie des öffteren zu Sosse oder Salat mit Zwiebeln, Tomaten und Käse verwurschtelt. Süss schmeckt sie mir aber auch ganz gut, mit etwas Zucker und Limonensaft kommt der butterige Geschmack voll zur Geltung. Man sollte allerdings nicht zu viel davon geniessen, sonst wird die Verdauung lahm. Trotzdem enthält das Früchtchen aber noch einiges Gutes. Nähere Infos dazu wie immer auf Wikipedia.
Hiermit verabschiede ich mich also. Tja, gerade kann ich nur sagen, dass ich mich schon sehr darauf freue, euch bald alle wieder zu sehen, mache mich jetzt aber auf, wehmütig eine meiner letzten Aguajinas zu trinken.
Liebste Grüsse aus dem Amazonasdelta!