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Die Südperútourné


2012
06.02


Wir schreiben das Jahr 1902. Eine unerschrockene Forschertruppe macht sich zu einer beschwerlichen Expedition im Amazonasdelta auf, ständig den Naturgewalten und –plagen (wie Moskitos) ausgesetzt. Die Route führt sie von den Höchsten Gipfeln der Anden an vielen nebelwaldbedeckten Hängen vorbei hinunter ins Tiefland, wo sie dem Fluss Manú in die gründe Hölle folgen.

Habe ich eure Aufmerksamkeit? Gut. Dann kann ich ja jetzt erst mal vorne anfangen. Nur so viel: Es hat sich für unsere Abenteurer gelohnt.
Ich fange mal in der Woche an, wo Felix Familie angekommen ist, denn da hatten wir auch noch spontanen Besuch von zwei anderen lieben Chaoten: Sebastian und Willian, beides Jongleure. Chaoten deshalb, weil sie ziemlich unangemeldet kamen. Sevas hatte mich zwar Monate zurück mal gefragt, ob er bei der Durchreise durch Puerto ein paar Tage bei uns einen Schlafplatz finden würde, doch hatten sich dann relativ fix seine Reisepläne wieder geändert. Nun hatte er kurzfristig seine Pläne doch wieder geändert, und kam dann am Sontag morgen mit seinem neu gefundenen Reisegefährten bei uns an. Unangemeldet, weil er irgendwie die falsche Telefonnummer hatte. War aber im Grunde kein Problem, sie hatten ihr eigenes Schlafzeug dabei, machten wie üblich haufenweise Geschenke, bekochten uns, wobei wir mal wieder ein paar neue Leckereien kennenlernten, halfen uns bei unseren Arbeiten auf dem Gelände und auch sonst schlossen wir sie sehr ins Herz. Sogar Felix Familie, die am Nachmittag ankam, verstand sich gut mit ihnen, wenn auch mit Händen und Füssen.
Das ganze währte aber nicht lang, denn schon am kommenden Freitag machte ich mich nach Cusco auf, wo ich meine Schwester nach 23 Stunden Busfahrt abholte und von wo wir unsere Rundreise starteten. Zunächst blieben wir zur Aklimatisierung ein bisschen in Cusco und Tranken Cocatee.

Wir wollten aber nicht zu viel Zeit vertödeln und machten uns recht fix daran, unseren ersten Programmpunkt abzuarbeiten: der Nationalpark Manú. Zugegeben, ich war zunächst wegen der Tourpreise etwas skeptisch und es kostete Jenny ein paar Wochen Überredungsarbeit, doch im Endeffekt bin ich sehr froh, dass es ihr gelungen ist, denn es stellte sich als mein persönliches Highlight der Reise heraus.
Wir entschieden uns schliesslich für die nicht ganz so teure 4-tägige Tour. Naja, und sie war eigentlich nicht ganz so beschwerlich und pioniermässig, wie die ersten Zeilen glauben machen und vielleicht auch nicht ganz so lang her… aber irgendwie spielt Zeit in diesem gigantischen alten Rückzugsort der Natur keine so richtige Rolle und wir hätten uns des öffteren nicht gewundert, wenn ein T-Rex aus dem Gebüsch gesprungen wäre.
Am ersten Tag fuhren wir gegen 6 los und mir war bis zum Mittag noch bitterkalt, wo wir den höchsten Andenpass der Strecke von 4000m erreichten. Beieindruckend, aber nichts im vergleich zu dem, was danach kam. Es ging stetig bergab und wurde erst nur nebliger, dann auch grüner und feuchter: Ceja de Selva, die Augenbraue des Regenwaldes.

Gegen 5 war es schon fast angenehm warm und wir stiegen aus, um das Nationaltier Perús zu beobachten, den Felsenhahn. Den finden die Peruaner deshalb so toll, weil er ungefähr den Farben der Flagge entspricht. Aber eigentlich ist er vor allem beeindruckend leuchtend rot. Am nächsten Tag stiegen wir dann vom Kleinbus aufs Boot um, das uns zu unserer eigentlichen Lodge brachte. Von dort aus unternahmen wir dann Wanderungen und Bootstouren. Und änderten erst mal das Programm: einer unserer beschaulichen 4-köpfigen Gruppe hatte die Idee zur zwei Stunden entfernten Heisswasserquelle zu fahren. Wir zahlten etwas drauf wegen dem Srpit aber die Aktion hat sich wirklich gelohnt. Heisses, etwas schweflig und damit natürlich riechendes Wasser in einem naturlichen Basin mit dem lauwarmen Wasser eines anderen Flüsschens zu angenehmer Badetemperatur abgemischt. Wir legten gleich erst mal Steine in die Bambusrohre zur Heisswasserableitung und erhöhten die Wassertemperatur um ein paar Grad, denn es war ein ungemütlich kalter Tag. Leider gibt es von der ganzen Aktion gerade kein Foto (Grund s.u.), aber dafür von dem hübschen ca. 4 Meter hohen Wasserfall, zu dem wir danach gewandert sind und von dem man runterspringen kann. Was wir natürlich auch getan haben.

Tiere haben wir bei der ganzen Tour nicht so viele gesehen, aber die waren für mich auch eher nebensächlich. Eine Giftschlange und an sonsten vor allem Vögel. Diese hier waren meine Favoriten:

Eigentlich haben sie noch einen anderen Namen, den ich immer vergesse, aber hier werden sie Shanshos genannt. Vielleicht liegt das an ihrem Geruch, Chancho ist nämlich das Schwein und obwohl sie sich von Grünzweug ernähren riechen sie tatsächlich nicht besonders gut. Und sie stossen ein Gekrächze aus, das man auch einem Flugsaurier zutrauen würde. Dafür klingt das laute Rauschen ihrer Flügel echt schön. Und irgendwie sieht man ihnen schon an, dass sie Üblerbleibsel aus der Urzeit sind.
Ausserdem wurde uns demonstriert, wofür die Köpfe von grossen Ameisen so alles taugen. Wer Apokalypto gesehen hat, weiss wovon ich spreche…

Wenn ich da jetzt eine Schnittwunde hätte, würden die Zangen die Wundränder zusammen halten. Dann durften wir uns noch ein paar Kilometer vom Fluss treiben lassen und stellten dabei fest, dass die Strömung ganz schön schnell ist. Das fällt aber erst auf, wenn man zum Ufer rüber schaut. Schon beeindruckend. Und wir schwangen noch ein bisschen an Leanen, das geht nämlich tatsächlich. Aber die meiste Zeit genoss ich wohl einfach die Landschaft. Diese Bild zeigt so ungefähr was ich meine und das dann 360 Grad und mit dem richtigen Klima.

Nach dreieinhalb Tagen waren wir dann alle ziemlich erschöpft und ab dem Grasland verschlief ich den rest des Weges durch das vergleichsweise öde Land der Anden.
Also zurück in Cusco. Dort hielten wir uns wieder zwei Tage auf und trafen Will und Sevas wieder. Dort entstand auch dieses schöne Bildchen:

Aber die Uhr tickte und ziemlich fix machten wir uns nach Puno zum Titikaka-See auf. Den spricht zwar alle Welt so aus, wie ihr ihn gerade gelesen habt, aber dort lernten wir, dass die richtge Aussprache eher TitiCHaCHa oder TitiCHala lautet, damit es nicht so unfein klingt. Kaka hat nämlich irgendwie in ziemlich vielen Sprachen die selbe Bedeutung. Der Name bedeutet übrigens Pumafelsen. Wir kamen also gegen 5 in Puno an und wurden gleich von einer Frau bestürmt, die uns Touren verkaufen wollte. Wir dachten „wieso eigentlich nicht?“ und so nahm uns das Boot um 8 mit auf eine zweitägige Tour über den gigantischen blauen Spiegel.Das coolste daran war für mich wohl der Besuch der schwimmenden Schilfinseln der Uros.

Mag sein, dass der eine oder andere Tourist sich darüber aufregt, dass das alles viel zu touristisch und gar nicht mehr natürlich ist, aber dann soll er halt den Tourismus beukotieren und den Platz denen überlassen, die einfach gerne neue Dinge sehen wollen. Ich fand es spannend, denn die Inseln schwimmen tatsächlich und werden noch so ziemlich so gebaut, wie vor ein paar hundert Jahren und trotz dem bitterkalten Klima kann man auf dem trockenen Schilf tagsüber tatsächlich super barfuss laufen. Irgendwie fühlte ich mich fast wie Besucher auf einem Mittelaltermarkt – die natürlichen Hütten, die Kochstellen, die handarbeitenden Frauen, die einem ihre Werke verkaufen wollen…
Danach ging es dann zu einer festen Insel, auf der wir auch die Nacht verbringen sollten, und zwar im Hause einer dafür ausgestatteten Familie. Auf den Inseln gibt es nur Solarstrom und keine Autos und das sieht man der idyllischen Landschaft auch irgendwie an:

Wieder fühlte man sich Jahrzehnte oder Jahrhunderte zurückversetzt. Am Abend zogen wir dann landestypische Kleider an und es gab eine kleine Feier, bei der viel getanzt wurde. Das hat tatsächlich ziemlichen Spass gemacht.
Am zweiten Tag besuchten wir dann noch eine weitere Insel und fuhren dann zurück nach Puno. Natürlich war das ganze von vorne bis hinten touristisch, aber ein spannendes Erlebnis war es trotzdem.
Für den selben Abend buchten wir dann noch unser Busticket – ich wollte in wärmere Gefilde. Doch wir hatten gerade noch genug zeit uns mit Mitbringseln einzudecken und über den Plaza und die Fussgängerzone Punos zu flanieren, den wohl schönsten Teil Punos.
Nächste Etape Arequipa, die Stadt des ewigen Frühlings. Dort hatten wir den ersten Tag dann praktisch erst mal zum ausspannen und wieder Kräfte sammeln. Die brauchten wir auch, denn schon am nächsten Tag machten wir uns in den Colca-Canyon auf. Das hiess dann gegen halb 4 aufstehen und erst mal wieder ewig durch die gegend fahren. Diese unmenschliche Weckzeit lohnte sich aber, denn so waren wir pünktlich gegen 9 am Cruz del Condor, einem Aussichtspunkt, von dem man um diese Jahreszeit allmorgendlich die Condore beobachten kann, die dort die ersten Thermiken des Tages zu ihrem majestätischen Gleitflug nutzen. Ich kann nur sagen: Das war sehr beeindruckend. Seht selbst:


Danach machten wir uns dann bis zum Mittag an den Abstieg bis zum Fluss hinunter und nach dem Mittagessen ging es dann mit Sack und Pack wieder hoch. Das war ziemlich anstrengend! Dabei waren es nur ein paar hundert Meter Höhenunterschied. Der grössere Teil sollte ja erst am nächsten Tag dran sein. Aber immerhin war der Weg schön und wir lernten auch etwas. Das hier zum Beispiel sind Cochenilleläuse:

Ihr wisst schon, diese Viecher mit dem starken roten teuren Farbstoff, die auf Kakteen leben und die man heute noch teilweise zum Färben von Kosmetikartikeln verwendet. Und tatsächlich, wenn man eine von diesen dicken Tierchen zerdrückt spritzt sofort ein dicker tropfen fast blutartiger Flüssigkeit hevor.
Als wir dann abends endlich in der Lodge ankamen, sprang ich total verschwitzt in den (angewärmten 😉 Pool und freute mich an sonsten über mein Bett. Am nächsten Tag hiess es dann um halb 6 aufstehen, um den Anstieg in Angriff zu nehmen. Dies erledigten allerdings nicht meine eigenen, sondern vier behaarte Leihufe: Ein Maultier. Ja, ich schäme mich, ich habe den aufstieg nicht allein gemacht. Aber es war nicht nur allein die Faulheit sondern auch einfach Neugier, wie Reiten auf einem Maultier so ist. Und es hat spass gemacht und daran erinnere ich mich nachher sicher mehr, als an die Bezwingung der paar (tausend) Höhenmeter. Allerdings werde ich mich wohl auch an die armen verschwitzten Tiere erinnern. Die taten mir dann doch ein wenig leid. Danach fuhren wir noch zu einer heissen Quelle, die aber eher einem heissen Schwimbad glich und im Vergleich zur Quelle im Manú eher unspektakulär war. Tja, und dann hiess es wieder ziemlich lange Bus fahren.
Der nächste Tag war eigentlich mal wieder so ein zwischendurch-ausspannen-unspektakulär-Tag, lohnt aber doch einer kleinen Aufmerksamkeit. Abgesehen davon, dass er von herrlichem langem Ausschlafen geprägt war, stand beim Augen aufschlagen auch ein Stück Apfelkuchen mit einer in der letzten stromlosen Lodge mitgenommenen Kerze vor mir und meine Schwester sang mir ein Geburtstagsständchen. Das war total süss! Danach wurde erst mal ausgiebig geduscht und gefrühstückt und dann trieben wir irgendwie so den ganzen Tag durch die Stadt, sahen viel aber machten wenig. Ein ganz entspannter Tag eben. Und am Abend gab es dann das:

Ein Cusqueña Malta mit Walnusssirup! Jami! Und das mit meiner Schwester, besser gehts eigentlich nicht. Und nein, wir waren nicht so betrunken, das ist der Sonnenbrand.
Das war für mich der vorletzte Tag der Reise. Nachts waren wir schon unterwegs nach Cusco, wo wir uns noch den Tag über aufhielten und dann ging es schliesslich nach Hause.
Es liegt irgendwie in der Natur jeglichen Urlaubs, dass man erst mal geplättet und irgendwie schlecht drauf ist, wenn man Heim kommt. In diesem Fall hatte das sogar einen greifbaren Grund, weil einfach mal unser ganzes Wohnzimmer umgestalltet war. Ich hasse unsere neuen Nachbarn! Sie haben sogar das rosa Tuch mit den chinesischen Musstern abgehängt. Dabei war es eine der ersten gemeinsamen Aktionen von Felix und mir es aus dem Schlamm zu ziehen, zu waschen und aufzuhängen O.O Stattdessen hängt dort jetzt ein hässliches Bild von einer nakten Schwangeren, die Schlangen und Raubkatzen auskotzt, und zwar im Kindergartenstil. Oh wie ich sie hasse! Aber genug Frust abgelassen.
Wir hatten trotzdem noch viel Spass. Wir machten natürlich den üblichen Touripflichtkram wie den Obelisken zu besteigen, gingen mit Freunden schwimmen, in eine Charaokepizzeria und ins Serpentarium, wo wir mit einer Boa und einer kleinen Raubkatze kuscheln durften ^.^ Alles in Allem war es eine schöne Zeit und ich war schon ein bisschen traurig, als Jenny dann fahren musste. Aber hey, bis Deutschland ist ja auch nicht mehr lang!
Tja, eigentlich würde ich jetzt noch gerne wahnsinnig viele andere Fotos reinstellen, auf der Reise sind nämlich über tausend entstanden, aber leider hab ich die alle auf unserem Laptop verschlampt, der mit Jenny zur (dreimal dürft ihr raten) Reparatur nach Cusco gereist ist. Die wichtigsten Tasten der mittleren Zeile gehen nämlich nicht… Der Regenwald mit seiner Feuchtigkeit frisst wirklich sämtliche Gerätschaften. Naja, dafür dauert das Hochladen nicht so ewig… hat auch was.
Übrigens war ich von Jennys Elan positiv überrascht. Sie hat fast alle Aktionen mitgemacht. Und als ihr I-Phone und ihr Rucksack mit sämtlichen Wertpapieren gestohlen wurde und die Busgesellschaft dann noch für eine halbe Stunde alle unsere übrigen Gepäckstücke verschlampte, verzog sie (fast) keine Mine. Ihr mögt alle meinen, dass meine Schwester mir so gar nicht ähnelt und etwas spiessig aussieht, aber sie hat es faustdick hinter den Ohren!
Puh, fast geschafft! Nur noch das Lexikon. Und wieder winkt der Zufall mit der Zaunpfahlfabrik. Wir waren in Cusco nämlich in einem ebenso kleinen wie wirklich liebevoll gestalteten Museum, in dem es um die heilige Pflanze der Inkas, die Cocapflanze ging. Und die wächst nicht (wie man vielleicht erwarten würde) in der Sierra der Anden, sonder hier bei uns im Regenwald.

Dieses Exemplar hier steht bei uns an der Einfahrt und sieht leider gerade etwas gerupft aus, weil da vor ein paar Wochen bei einer Wegverbreiterungsaktion ein Baum drauf gefallen ist. Trotzdem erkennt man aber hoffentlich die schönen Mandelförmigen Blätter, die charakteristisch für diese Nutzpflanze sind. An sonsten sind sie eigentlich echt unspektakulär, wir fuhren ein halbes Jahr ständig unbehelligt an dem Strauch vorbei, bis Luis uns aufklärte.
Als Nutz-und Heilpflanze ist sie dagegen aber kein Mauerblümchen! Abgesehen von ihrem grossen Gehalt an Calcium werden die Blätter besonders in grösseren Höhen gern als Tee getrunken, da sie die Sauerstoffaufnahmefähigkeit des Blutes erhöhen und so gegen die Höhenkrankheit helfen. Und mit etwas Asche gekaut wirkt Coca als natürliches Aufputschmittel (man denke nur an CocaCola, die ursprünglich der Pflanze ihren Namen verdankt), betäubt und unterdrückt Hunger und Angst. All diese Eigenschaften machten das unscheinbare Pflänzchen zu einer heiligen Pflanze der Inkas, die nur den Obersten vorbehalten war und in vielen Zeremonien Verwendung fand.
Nun aber zum traurigeren Kapitel in jüngerer Geschichte: der Drogenproduktion. Dabei muss gleich etwas klargestellt werden: Coca ist nicht Kokain! Zwar ist das Alkaloid merklich in den Blättern vorhanden, weshalb man beim Kauen sogar ein leichtes Taubwerden der Mundschleimhaut wahrnimmt, aber der Stoff zerfällt viel zu rasch, als dass man damit irgendeinen Rausch herbeiführen könnte. Um Kokain in ausreichender Menge konzentrieren zu können, braucht man erst einmal mehrere Kilo Blätter. Die werden zum Beispiel in Aceton (!) zerstampft und über einige weitere komplizierte Schritte mit lebensfeindlichen Chemikalien kommen dann später vielleicht 100 Gramm Kokain raus, die mit der Pflanze nicht mehr viel gemein haben.
Leider hat der Drogenkonsum und das Missverständnis der Menschen dafür gesorgt, dass die Pflanze es nicht leicht hat. In Columbien, wo sie biologisch gesehen vermutlich zu erst auftrat, ist sie sogar komplett verboten und wird wie ein Schwerverbrecher gejagt und ausgerottet. Und bei Südamerikareisenden gehen Horrorgeschichten um, dass selbst die Ausführung von Cocabonbons einen am Flughafen in ernste Schwierigkeiten bringen kann. Doch dank vielen Bemühungen der hiesigen Bevölkerung, für die die Pflanze ein Teil der Kultur ist, könnte es langsam bergauf gehen. Hier kann man von Keksen über Seife bis zum Bier hin viele Produkte kaufen und ich habe sogar gehört, dass das Ausfuhrverbot gelockert worden sein soll. Also wer weiss, vielleicht können wir Europäer ja auch irgendwann von diesen Naschereien kosten.
So, geschafft. Meine einträge werden irgendwie immer länger und immer verspielter. Aber jetzt kann ich die Füsse hochlegen… Ach nein, da wartet ja noch mein dritter Quartalsbericht auf mich. Puh, nur noch etwas über zwei Monate! (Genau genommen noch bis zum 14. August, am 15. bin ich wieder im Lande, wenn es jemanden interessiert.) Die Zeit vergeht rasend. Ich hoffe, ihr seid mir nicht böse, wenn ihr die nächste Zeit manchmal länger auf die Antwort in euren virtuellen Briefkästen warten müsst. Ich möchte die letzte Zeit hier noch mal ein bisschen geniessen und wir sehen uns ja bald wieder. Von Angesicht zu Angesicht reden ist eh viel schöner.
An sonsten gibt es wie versprochen noch ein paar neue Bilder von unserer Chacra unter „die hauseigene Chacra“
Damit also liebe Grüssse und einen schönen Start in den Sommer / in die Trockenzeit / in den ätzenden Winter in Lima ;-P

Lesen sie in dieser Folge: Was ich an Ostern machte und der Horrorfilm im Gemüsegarten


2012
05.03

Also was ich an Ostern machte…

Da Ostern in der Sierra viel mehr gefeiert wird, ich aber keine Lust auf Kälte hatte und ich Ostern sowieso schon seit Jahren nicht mehr so richtig gefeiert habe, nahmen wir eine eintägige Bus/Autofahrt nach Rio Branco auf uns. Wir – das heisst Ninja und ich. Nach Brasilien wollte ich eh mal, Ninja wollte einen Capoeirameister besuchen und ich wollte mich vom traditionellen Ostermittelalterlager meiner Freunde in Deutschland ablenken. Also schlugen wir gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Dabei drohte das ganze schon fast an der Grenze zu scheitern, weil die da behaupteten, ich hätte gar keine Aufenthaltsberechtigung, da das 90Tagesvisum abgelaufen und nicht erneuert worden sei. Keine Ahnung, wofür die den blauen Stempel hielten… für einen Poststempel? Nach Zweieinhalbstunden eisernen Wartens und keine Schwäche zeigens ging es dann aber doch weiter. Die haben da wirklich kein Durchhaltevermögen. Ich hatte von 4 meinungsverstärkenden Plänen gerade mal den ersten in die Tat umgesetzt.
Wenn man über die brasilianische Grenze fährt, fallen als erstes die riesigen weiten von Wiesen- und Weideland auf, fast wie am Niederrhein oder in Holland, wenn man von den paar Paranussbäumen mal absieht. Gegen 11 Uhr nachts kamen wir dann in Rio Branco an und glücklicherweise ging Ninjas ehemaliger Capoeiralehrer Voador (Bild 1) tatsächlich ans Telefon, bei dem wir dann auch gleich die nächsten 3 Tage wohnten. Ab da fühlte ich mich dann wirklich wie in Holland. Brasilien ähnelt Europa nähmlich viel mehr als Perú, spätestens wenn man vergebens den Markt sucht und in den Supermarkt geht. Da war gerade für Ostern dekoriert und die Brasilianer scheinen auf Süsses zu stehen. Dass ich mich wie bei unseren Lieblingsnachbarn fühlte, lag allerdings vor allem daran, dass das Portugiesisch dem Spanischen genauso gleicht wie das Niederländische dem Deutschen. Wie dort spitzte ich also schön die Öhrchen und verstand sogar recht viel, bis ich mich nicht mehr konzentrieren konnte und ganz dem Asaí widmete (Bild 3). Dieses teuflischgute Puddingzeugs, mit dem ich mich an drei Abenden überfrass, wird aus einer Palmfrucht gewonnen, hat irre viel Eisen und anderes Tolles, mindestens ebensoviele Kalorien und wird dort an jeder Ecke verkauft. Die ausfuhr der Samen ist verboten… Tsts, als hätten die Peruaner nicht genauso coole Sachen…
Rio Branco ist sehr schön und wir verbrachten den grössten Teil der Zeit mit Rumlaufen. An sonsten kauften wir noch eine Berimbao, die ich auf Bild 4 gerade ausprobiere. Nein, das ist kein Bogen XD sondern ein Musikinstrument.
Bild 5 ist das Beweissfoto, dass es in Brasilien Metal gibt, denn ausgerechnet an diesem Wochenende gab es ein Konzert. Naja, eigentlich war es ein Konzertchen, aber das sagt ja nichts über den Spass aus, den hatten wir nämlich. lml -.- lml
Bild 6 hat eigentlich keine Aussage und ist nur hier, weil ich die Pflanze so cool fand.
Am letzten Tag der Reise trafen wir dann endlich den Capoeirameister an, mit dem Ninja so gerne Plaudern wollte. Maestre Arepiado, ungefähr Meister Gänsehaut. Ein sehr sympathischer Typ, der mich irgendwie an Brendan Frazer erinnerte. Ich verstand leider nicht viel von dem, was er sagte, aber seinen Widwenspitz fand ich faszinierend XD Ninja war jedenfalls glaube ich ganz glücklich, obwohl man es ihm auf Bild 7 nicht umbedingt ansieht.
Bild 8 zeigt den Fluss Acre, an dem wir ständig auf dem Weg zu Maestre Arepiados Haus entlangspaziert sind. Und wir haben tatsächlich Flussdelfine gesehen, obwohl die Bewebungen im Wasser nicht dafür gehalten hätte, wenn man es mir nicht gesagt hätte.

So, jetzt habt ihr ein ungefähres Bild, was ich an Ostern gemacht habe. Kommen wir jetzt zum mit Sicherheit spannenderen, aber mit Sicherheit auch unschöneren Teil dieses Blogeintrags. Kim, wenn du keine Albträume haben und nach meiner Rückkehr noch mit mir befreundet sein willst, wäre es vielleicht gut, wenn du jetzt nicht weiterliest… An sonsten war es schön, dich gekannt zu haben.
Das war nämlich so: Ich hatte ja irgendwann mal den Gemüsegarten erwähnt, den wir aus Spass angelegt und wegen den Hühnern eingezäunt hatten. Tja, dieses Projekt ist leider ein bisschen gescheitert, zum einen wegen dem gar nicht soo günstigen Standort (warum auch auf Luis hören?) und weil wir feststellten, dass das meiste Zeugs auch wunderbar auf der Chacra wächst. (Jagut, ich gebs ja zu, wir waren auch einfach faul. Und mein „Bodendüngender-Bodendecker-gegen-das-Unkraut“ Experiment ist auch gescheitert, weil die kleeartige „Futtererdnuss“ einfach alles überwuchert.) So grübelte ich eines Tages im Zuge der „Alles-schön-für-Herwald“-Aktion darüber nach, was man denn mit dieser Baustelle anstellen könnte. Felix widmete dem Ganzen einen Blick und meinte: Kaninchen. Das erschien uns beiden eine so geniale Idee, dass wir uns beim nächsten mal auf der Feria gleich zwei Kaninchen zulegten: Freya braungecheckt und Satan wie es sich gehört schwarz. (Felix war eigentlich gegen die Namen von wegen „Ich will keine Haustiere sondern Essen“, aber die Namen setzten sich doch durch.) Gut, das ganze war schon eine ziemlich übereilte Aktion. Deswegen war uns wohl auch ein Löchlein im Zaun entgangen, duch das Freya die Wilde schon am ersten Abend verschwand. Am nächsten Morgen entdeckte Luis sie dann auf dem Weg zum Klo und nach einer halbstündigen Scheuchaktion lief sie mir dann in die Arme. Adrenalin! Besser ist wohl nur Wildschweine mit der Hand fangen.
Danach nahmen wir uns dann vor, das ganze mit ein bisschen mehr Herz anzugehen. Wir steckten den Zaun noch mal ganz genau ab und bauten auch ein wunderschönes Häuschen in unserem „Zweckmässig und unproblematisch“-Stil.
X
Den Einzug erlebte Satan allerdings leider nicht mehr. Der lag vor der Fertigstellung um den halben Kopf beraubt im Käfig. Luis tippte auf rumstromernde Kater als Übeltäter. Wir bliesen einen Moment trübsal, aber auch nur einen Moment. Unter den Büchern in unerer kleinen Freiwilligenbibliothek hier hatte ich mir nämlich schon ganz am Anfang die Exemplare von Rüdiger Nehberg rausgepickt und das Lesefieber hatte über Anette dann schliesslich auch Felix angesteckt. Und der sah nun endlich seine Stunde gekommen, die Beschreibungen über das Ausnehmen eines Tieres in die Tat umzusetzen. Ich war anfangs ein bisschen skeptisch, aber im Grunde hatte er ja recht. Wann kriegt man schon mal die Gelegenheit, ausnehmen an einem Tier zu üben, das man weder getötet, noch von der Strasse gekratzt hat, von dem man ungefähr weiss, wo es her kommt und dessen Augen einen zudem nicht traurig anstarren können. Zumindest das eine. Um das andere kümmerte sich Felix Machete. Mit Nilos Hilfe und den Bildbeschreibungen des Buches immer daneben hingen wir Satan also in einer Baumgabel auf und zogen ihm das Fell ab. Das ist gar nicht so schwer, wenn man weiss, wie.



Danach gab es dann noch eine Unterrichtsstunde in Organkunde. Und am nächsten Tag ein Festessen mit Ensalada Russa, Reis, Kartoffeln, Yuka und natürlich Kaninchen aus dem Lehmofen. Das dünne Gerippe da in der Form tat einem schon irgendwie leid. Aber ich musste mich halb kaputt lachen, als Felix das mit dem Satansbraten auffiel. Und ja, ich habe auch mitgegessen. Drei winzigkleine Stückchen. Schliesslich musste ich ja nun auch zu meinem Wort stehen, das ich in so vielen Diskussionen mit Antivegetariern gegeben hatte. Danke, Samy.
Das war also das mit Satan. Weil wir dann aber fanden, dass Freya allein ein bisschen einsam ist in dem grossen Stall, kauften wir uns gleich am nächsten Wochenende zwei neue. Diesmal recht kleine. Gabriel mit ähnlicher Fellfärbung wie die Grosse und Kriemhild vom Mühlengrunde. Man braucht doch eine Quotenadelige und das passte irgendwie zu der Weissen mit hellbraunen Flecken.
An diesem Tag lernte Felix, dass die Brutalität der Kaninchenkämpfe in Watership Down nicht nur der Fantasie einiger kranker Kinderserienmacher entsprungen ist. Gabriel fehlte nämlich schon nach wenigen Stunden ein Stück Ohr und etwas Fell, was wohl auf Freyas Kappe ging. Frustrierender war aber noch, dass die Adelige auch nach einer halben Stunde Suchens noch nicht aufgetaucht war. Ich wähnte schon ein weiteres übersehenes klitzekleines Loch. Noch etwas unschöner wurde es aber am Abend… wir hatten uns nämlich leider etwas länger in der Küche verquatscht, und als wir gegen 10 die Kaninchen reinsetzten wollten, war von einem kleinen nur ein Bein und der Magen zu finden. Zumindest das, was davon übrig war, nachdem Felix reintrat. Merkwürdigerweise war das Fell am Bein ziemlich weiss. Gabriel hatte zwar weisse stellen, aber ein ganzes Bein? Nunja, muss wohl, denn kurz darauf erschreckte uns Kriemhild höllisch, als sie durch den Käfig hoppelte. Sie hatte noch alle Beine und nur eine kleine Fleischwunde am Rücken. Schon alles ziemlich unheimlich. Und mal wieder war das Weibchen intelligenter. Nunja, egal. Auf die passten wir dann die nächsten Tage besser auf, die Wunde wurde mit Schwedenkräutern versorgt und sie schlief bei uns in den Zimmern, bis wir auch für sie eine alte Kiste recycled und ein Stück Käfig abgetrennt hatten. Das mit dem Verschwinden und an anderer Stelle wieder auftauchen schaffte sie danach übrigens nochmals… Wir gingen übrigens mal davon aus, dass Freya nicht dazu in der lage war, ein Kaninchen bis auf den Magen aufzufressen und beschuldigten wieder den Kater. Ach war das noch schön, als die Kaninchen aus offenkundig ersichtlichen Gründen starben. Wir investierten noch ein bisschen mehr Energie und Zeit und setzten auf den Zaun eine weitere Etage drauf.

Jetzt sollte der Kater es noch mal versuchen…
Tat er nicht. Kurz darauf war das weisse Kaninchen nämlich nochmals entschwunden, als ich morgens die Tür des Häusschens öffnete. Allerdings nicht körperlich. Keine Ahung, woran das gestorben sein könnte. Und als Felix dann abends das letzte, erste und älteste Kaninchen reinsetzen wollte, da war auch Freya entschlafen… Da waren wir dann irgendwie lustlos und zu faul, noch Löcher zu graben. Ganz kindisch schmissen wir sie ins Gebüsch. Natürlich fand der Hund eins und das Knochenknacken und der Geruch verfolgten Felix noch eine Weile. Mich nicht, ich hatte mal wieder die Nase zu.
Ich denke, wir sind beide sehr froh, dass wir jetzt erst mal unterwegs sind und uns nicht mit dem lehren Hochsicherheitskäfig auseinandersetzten müssen. Das Ecocentro ist ein Paradies, vor allem wenn man es von unserer Dusche aus betrachtet, die schon von mehreren Besuchern zur schönsten Perús gekürt würde, doch für einige Tiere ist das hier wohl nicht der rechte Fleck. Naja, denken wir lieber an die schönen Sachen. Hier noch ein paar Bilder von unserer Dusche.


An sonsten hatten wir noch wieder Besuch von Herwald von der finanzierenden Organisation in Deutschland. Dieses mal hatten wir richtig geackert auf Chacra und Gelände und so war er auch einigermassen zufrieden (Die Chacra sieht jetzt übrigens tatsächlich klasse aus, werde unter die Chacra bald mal ein paar Bilder rein stellen). Bei seinem letzten Besuch hier im Dezember war ja alles gerade ein wenig chaotisch. Ausserdem hatte ich auch endlich mal die Gelegenheit, mich ein bisschen mit ihm über ökologische Landwirtschaft in den Tropen zu unterhalten und dies verschaffte mir ganz neue Eindrücke und Erkenntnisse.
An sonsten verbrachten wir die Zeit wohl in halbwegs froher Erwartung unserer Familien, wovon ihr dann beim nächsten mal lest.
Für das Exotarium ist mir auch noch so gerade etwas eingefallen, und zwar diese Bromelienverwandte hier:

Von denen gibt es zig verschiedene Ausführungen in beispielsweise der Grössse – von dreissig Zentimetern bis 1,5 Metern in der Horizontalen -, der Farbe der Blätter und auch der Stachelbewertheit. Alle haben sie aber gemeinsam, dass sie das Regenwasser mithilfe der Blätter in ihrem, Zentrum sammeln und davon dann auch in trockeneren Zeiten zehren können. Wer ein guter Beobachter ist, hat auch schon erkannt, welchen Teil man in der Regel verzehrt: Die Ananasfrucht.

Abgesehen davon, dass diese grossen Früchte sehr lecker sind, sind sie auch noch sehr gesund. Auch soll sie beim Abnehmen Wunder wirken, das dürfte allerdings eher auf die entwässernde Eigenschaft zurückzuführen sein. Den Strunk oben an der Frucht (ebenso wie die Ableger) kann man zur Anzucht benutzen, wenn man ihn sauber vom Fruchtfleisch befreit und zwei Zentimeter in Erde eingräbt. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass das sogar in Deutschland recht gut klappt, nur danach wird es mit dem am Leben erhalten etwas schwierig mangels eines Tropenhauses.
Wem irgendwann mal eine Bioananas in die Hand fallen sollte, kann ein leckeres Erfischungsgetränk herstellen, indem er die Schale ungefähr 10 Minuten in Wasser auskocht und dann abkühlen lässt. Schale abseihen und fertig, braucht nichtmal Zucker.
Bei dem Bild handelt es sich übrigens um eine Zwergananas, aber das ist wahrscheinlich keinem aufgefallen, oder?
So, das wars schon wieder. Das nächste mal hört ihr von mir wohl so in ungefähr einem Monat, dann gibt es wieder ein Urlaubsspecial.
Lieben Gruss bis dahin!

Neues Jahr, neuer Eintrag


2012
01.20

Ich kann mich nur entschuldigen, dass es so lange gedauert hat. Entschuldigung! Naja, irgendwie ging die Zeit so schnell mit unwichtigen Dingen dahin und ich hatte auch gar nicht das Gefühl, irgendetwas wirklich spannendes zu erleben, aber wenn ich mir nun so meine Stichpunkte anschaue, stelle ich fest dass ich doch besser zwei Einträge draus gemacht hätte…
Naja, ich fange einfach mal mit dem an, was die meisten hier wohl am brennensten interessiert: Sylvester. Erst mal zu den Traditionen und Abergläubeleien, also wie in Puerto so gefeiert wird. Erst mal wurde schon Tage vorher überall gelbes Zeug wie T-Shirts und Blumenketten verkauft, weil das Glück bringen soll. Daneben gab es dann noch kleine Ährensträusschen, die man sich neben die Tür hängen konnte und die zu Reichtum verhelfen sollten. Am 31. abends werden dann also die gelben Sachen angezogen (sofern man das denn mit macht) und man geht raus, zum Beispiel zu Freunden oder in die Disco. Je nach dem, wie man das handhabt wird schon am frühen Abend gegessen oder auch erst gegen halb eins nach dem Knallen. Das ist nämlich genau so wie bei uns, genau wie das Anstossen und das frohes neues Jahr wünschen. Abgesehen davon gibt es aber noch so Sachen wie um Mitternacht 12 Trauben essen und sich etwas wünschen oder ein Bad mit Blumen nehmen. Tja, und an sonsten wird halt genau wie bei uns ohne Ende gefeiert.
So, nun zu meinem Sylvester. Um meine Rechtfertigung nachvollziehbar zu machen fange ich mal morgens an. Morgens gegen 7 bin ich auf die Feria gegangen, um die üblichen Besorgungen zu machen. Dann war ich noch ein Stündchen im Internetcafe und hab mich anschliessend zum (ehemaligen) Potsiwa-Schulgelände aufgemacht. Da die Schule nämlich wegen Problemen mit dem Vermieter umziehen muss, waren die Jungs da gerade dabei, alles abzubauen. Da hab ich dann bis gegen 6 mitgeholfen, wo es dann zu dunkel wurde.


Danach war ich ziemlich kaputt, zumal Nilo mich an Weihnachten anscheinend auch noch mit seiner Erkältung angesteckt hatte. Ninja, mit dem ich mich für den Abend verabredet hatte, war sogar noch müder, weil der den ganzen Tag geschufftet hatte und so legten wir uns erst mal ein bisschen hin und verabredeten uns für neune oder so. Er weckte mich dann gegen 10, da waren meine Augen dann aber so verklebt, dass ich mich nicht im Stande sah aufzustehen und irgendwie schliefen wir noch mal ein. Um viertel vor 12 schafften wir es dann endlich hoch, assen 12 Trauben und sahen dem Feuerwerk der Nachbarn zu. Danach wünschten wir seiner Familie ein frohes neues Jahr und assen bei ihnen Choclo (Mais) und Truthahn (also ich hab natürlich keinen Truthahn gegessen). Danach fuhren wir noch ein bisschen durch die belebten Strassen und schauten uns den Plaza an, so richtige Partystimmung wollte aber wohl nicht aufkommen. Die Discos waren einfach alle total überfüllt und wir dachten uns, irgendwie kann man da auch an jedem anderen Tag im Jahr rein gehen. So beendeten wir dann die letzte, bzw. erste Nacht des Jahres noch mit einem netten Film und das wars. Ich war zufrieden.
Ein bisschen hat es sich dann tatsächlich auch gelohnt. Am nächsten Tag war ich dann nämlich fitt genug, um noch mal auf die Feria zu fahren und mir ein süsses kleines Kätzchen zu kaufen. Nachdem Pulpa verschwunden ist, mit der ich mich zuvor ganz gut angefreundet hatte (naja zugegeben, eigentlich wollte sie immer nur die Kekse, sie hat mich ein bisschen an Jannik erinnert, hab ich mich irgendwie einsam gefühlt. Die kleine heisst Meia Lua und ist wirklich knuddelig und sehr intelligent, nur dass mit dem nicht über den PC laufen hat sie noch nicht so ganz gelernt. Naja gut, und ein paar mal hat sie mir in den Finger gebissen, aber nicht mit Absicht. Ich mag sie. Fotos gibts wenns schöne gibt und nicht so viele andere, die eh schon den Eintrag sprengen.
Am Tag darauf, dem Montag, kam dann der Felix aus Cuso wieder (von wegen Kälte und Weihnachtsstimmung und so) und die normale Arbeit ging wieder los. Mit Clara rösteten und schälten wir Tagelang Cupuazúsamen. Eine Höllenarbeit. Dafür habe ich den schlimmsten Teil der Schokoladeproduktion revolutioniert: Ich bin auf die Idee gekommen die fertig geschälten Samen in den Mixer zu schmeissen. Jetzt müssen sie statt drei nur noch einmal mit der Handmühle gemahlen werden und die Arbeit von einem Tag schafft man in vielleicht 1 ½ Stunden. Eine relativ simple Sache aber ich bin einfach mal so dreist und klopfe mir auf die Schulter 😉
Mit Luis haben wir viele Tüten mit Erde gefüllt, um Shimbillo (ein Leguminosenbaum mit viel Laub, was auf der Chacra sehr nützlich sein kann: Unkraut wird Luft und Licht genommen und Biomasse und Stickstoff reichern den Boden an) und Cacao zu pflanzen.

Dabei und in Zukunft wohl auch bei allen anderen Arbeiten bekommen wir in den nächsten 3 Monaten tageweise ein bisschen Hilfe, wir haben jetzt nämlich eine perúanische Praktkantin. Sie ist sehr nett, heist Carla und ist eine Freundin von Luis.

Auch auf der Chacra sind natürlich ein paar Sachen passiert. Nachdem wir nun im ersten Stück das gröbste Gepflanzt haben und der Wildwuchs zumindest ein bisschen unter Kontrolle ist haben wir nun angefangen unseren Arbeitsbereich ein bisschen auszudehnen und dazu viel Gestrüpp zerhackt und auf das leichenübersäte Schlachtfeld Cudzu gepflanzt, um erneutem aufbegehren einhalt zu gebieten. Eines schönen Montagmorgens bekamen wir dabei jedoch leider früher frei, weil die Bienen in einer Kiste 3 Reihen weiter sich irgendwie angemacht fühlten. Von meinen 7 Stichen war der vieseste der überm Auge, der auch noch nach zwei Tagen weh tat. Felix hatte Glück, der hat nur einen abbekommen, Luis dagegen war auch mit ein paar mehr gesegnet. In den nächsten Tagen zu Sonnenuntergang werden wir die Kiste wohl mal wo anders hin stellen…
In unserer Freizeit haben wir mal wieder vermehrt Kochunterricht bekommen. Mitlerweile kann ich abgesehen von Causa auch noch Papa a la Huancaina, Tallarin Verde, Tacacho und perfecte Limonade machen. Aber dazu noch mal mehr, wenn ich endlich einen Extraeintrag dazu schreibe.
Ach ja, und noch etwas ist passiert: Wir hatten nämlich Besuch, und zwar zurAbwechslung mal nicht von ehemaligen Freiwilligen sondern von derzeitigen.Von unserer Organisation, also vom Welthaus Bielefeld haben Julia und Anna uns besucht. Die zwei arbeiten in Lima im Casa Hogar, einer Betreuungsstätte für Kinder. Wir haben ein paar schöne und spannende Tage mit viel Perúerfahrungen-austausch gehabt und ihnen natürlich ein bisschen unsere geliebte verschlafene Stadt gezeigt.

Die Zwei gaben dann gleich dem Gustav die Klinke – oder eher das Bett – in die Hand. Der ist über Ecoselva, eine kleine, sehr familiäre Organisation, bei der ich mich auch beworben hatte, in Pucalpa in einem ganz ähnlichen Projekt gelandet wie wir. Dem zeigten wir natürlich dann auch noch mal die Stadt und er griff uns bei der Arbeit auch ein bisschen unter die Arme.

Das Genialste kam eigentlich an seinem vorletzten Tag, als er es endlich geschafft hatte eine Mail von seinem Cheff zu öffnen und er uns fragte, ob wir von einer Organisation namens AAE gehört hätten und ob wir einen Don Pedro Casanova kennen würden. Selbigen hatte er schon gesehen, als er mit mir ein paar Sachen bei ihm zu Hause abhohlte und bei der Organisation hat er 4 Tage verbracht 🙂 Sachen gibts…
Nun noch eine Pflanze. Das fällt mir dieses Mal auch wieder überhaupt nicht schwer, weil wir davon gerade so viel gepflanzt haben: Cacao. An sich ist der Baum recht unspectaculär, aber die am Stamm und an den Zweigen hängenden gelben Fruchtkörper bergen trotzdem den Stoff, aus dem europäische Träume gemacht sind, nämlich die Bohnen.

Zur Weiterverarbeitung werden die mitsamt dem (übrigfens absolut köstlichen) Fruchtfleisch aus den Kapfseln geholt und müssen erst einmal rund 4 Tage vermentieren. Danach werden sie gut getrocknet, geröstet, geschält und gemahlen (genau, wie bei seinem Verwandten, dem Cupuazu [grossblütiger Cacao], nur dass das beim Cacao einfacher geht). So weit die Theorie, gemacht haben wir das nämlich noch nicht. Aber das wird bald zumindest probeweise in Angriff genommen.

Eigentlich produzieren die Bäume das ganze Jahr über, aber derzeitig scheinen es mir besonders viele Früchte zu sein. Vielleicht liegt es an der Regenzeit. Übrigens ist Cacao nicht gleich Cacao. Auf dem Bild hier sind neben den typisch gelben Früchten einer Cacaoart, die bei uns vor der Küche wächst noch die rötlichen Kapseln einer anderen Art zu sehen. Diese hat ein relativ bitteres Fruchtfleisch mit weniger Samen und ist theroetisch auch so im Regenwald zu finden. Eine relativ ursprüngliche Art also.
Und noch etwas: Hier gibt es kaum brauchbare Schokolade. Das einzige Cacaoprodukt, das hier überall erhältlich ist, ist eine Rohmasse für Trinkschokolade. Kim, geniess deine Milka also doppelt und denk an mich.

So, das wars nun auch schon wieder. Wer immer noch nicht genug hat kann noch mal kurz bei meinen Freunden vorbei schauen, da sind nämlich Ninja (Elvis) und Hugo dazu gekommen und auch ein wenn auch sehr schlechtes Foto von Naif.
Wie immer liebste Grüsse aus der Ferne!

Weihnachtszeit – Mangozeit


2011
12.30

Endlich – Wir haben es geschafft! Ein neuer Laptop. Und obendrauf noch eine coole Maus! Wenn das nicht ein gewinn ist! Der alte PC war nach einem Wasserschaden in Felix Zimmer total fratze und das ewige im stickigen Internetcafe hocken hatte uns schon länger genervt (und ich glaube, meine Zuverlässigkeit in Sachen Nachrichten beantworten hat unter dieser chronischen Unlust auch ein wenig gelitten. Tut mir Leid!) Am Wochenende vor Weihnachten waren wir dann endlich in Cusco, um diesem ätzenden Zustand ein Ende zu setzen. Nachdem ich nun endlich meinen überreifen Quartalsbericht abgeschickt habe, kann ich jetzt also nach und nach den Berg von Emails abarbeiten und ein neuer Blogeintrag ist natürlich auch fällig… Was für ein Stress… Ach was war das schön, als wir keinen PC hatten 😛 XD 😉
So genug Vorgeplänkel, hier nun endlich das vielfach gewünschte und natürlich sowieso geplante Weihnachtsspecial. Da mein letzter Eintrag schon ein Weilchen her ist, fange ich mal Anfang Dezember an. Da hat man von Weihnachten noch gar nicht viel gemerkt. Nur den Pannetone gab es schon überall zun kaufen, aber dazu später mehr. Wir waren zu der Zeit ziemlich beschäftigt. Es war nämlich endlich die von mir lang ersehnte Mangozeit gekommen. Schon Monate hingen die grünen Dinger an den riesigen Bäumen und wollten einfach nicht reif werden. Später sollte ich mir das dann fast ein bisschen zurück wünschen, wir waren nämlich Tage mit ernten, schälen, entsaften, einkochen und abfüllen b eschäftigt. Am nervigsten war das entsaften, die sonst so tüchtige Maschine hat nämlich etwas gegen die grossen Kerne. Ein bisschen Glück hatten wir aber auch, genau zu der Zeit war nämlich ein ehemaliger Freiwilliger, der Jacob mit seiner Freundin Berna da. Die haben uns fleissig geholfen und auch sonst war es ganz schön ein bisschen Leben in der Hütte zu haben.
Ab mitte Dezember kam dann doch auch langsam Leben in das ganze Weihnachtsthema. Zugegeben, anfangs wirkte es schon merkwürdig bei 30°C Plastiktannenbäume und Fensterbilder von dick eingepackten Weihnachtsmännern zu sehen. Aber es gab auch wirklich hübsche Sachen. So waren die Bäume in einer Alee schon früh mit grossen knallbunten Geschenken dekoriert, die Kinder in der Schule bestickten Jutestoff mit „Feliz Navidad“, sternen und Glocken und in vielen Häusern aber auch auf dem Plaza wurden liebevoll Krippen aufgebaut.


Felix und ich versuchten uns mit Plätzchen backen ein bisschen in Stimmung zu bringen. Der Versuch ist gescheitert aber die Plätzchen waren lecker. In Cusco kam sie dann ein bisschen auf, da stimmte eben die Temperatur. Aber eigentlich konnte ich da auf Weihnachtsstimmung auch gut verzichten…
Am 21. war dann noch das Fest von der Schule – eine Mischung aus Weihnachtsfeier und Schulende. Irgendwie war es den deutschen Schulfesten gar nicht so unähnlich… Nur Adriano im Weihnachtsmann-im-Urlaub-Outfit mit roter Boxershorts und Schnorchelausrüstung werde ich wohl nie vergessen… der Wollmantel ist hier nämlich nur für Plastikweihnachtsmänner erträglich.
Dann wurde es für mich auch schon langsam Zeit zu überlegen, was ich eigentlich an Weihnachten machen will… Da litt ich doch an einer kleinen inneren Zerrissenheit. Weil es ja doch irgendwie ein Familienfest ist, weil die freien Tage sich zum Reisen anbieten, weil ich eigentlich keine richtige Einladung hatte aber doch irgendwie mit vielen feiern wollte… Wie die Zeit meistens so an sich hat lief es dann aber doch alles irgendwie. Reisen liess ich bleiben weil ich noch von Cusco eine kleine Magverstimmung hatte und die Preise der Tickets einfach mal auf das doppelte anstiegen. Und plötzlich hatte ich doch von allen Einladungen.
Hier läuft der 24. übrigens ungefähr so ab: bis 11 Uhr passiert nicht wirklich viel, man ist vielleicht mit der Familie zusammen oder draussen unterwegs oder bei Freunden. Um Zwölf ist es dann fast wie Silvester: Man umarmt sich, wünscht sich frohe Weihnachten und es gibt sogar Feuerwerk. Danach wird gegessen, meist Truthahn oder vielleicht Schwein. Und natürlich getrunken.
Mein 24. lief ungefähr so ab: Weil just zu den Festtagen die Familie des ehemaligen Freiwilligen Viktor da war und auch der Jacob sich noch mal blicken liess gab ein kleines Festessen, allerdings schon recht früh. Nun ja, halb 7 war angepeilt, 8 wurde dann aber doch bis das Schwein und die vorzüglichen Kartoffeln im Lehmofen endlich fertig waren. Dazu gab es dann noch echt leckeren Salat, wie immer natürlich Reis und zum Nachtisch noch aus Deutschland mitgebrachte selbstgemachte Plätzchen.Das alles aus ästhetischen, aber wohl auch aus Platzgründen draussen mitten auf der Wiese unter einem tatsächlich mal recht unbewölkten Sternenhimmel. Dazu wurde noch gesungen, geplaudert, gelacht und sogar eine Weihnachtsgeschichte vorgelesen und übersetzt.

Trotz der Gemütlichkeit riss ich mich aber gegen 10 dann doch los, weil ich mit Ninja, meinem Capoeiralehrer und inzwischen guten Freund noch die Potziwafamilie besuchen wollte. Dort plaudeten wir etwas und tranken einen ebenso billigen wie wirklich köstlichen Wein. Ein Stündchen später machten wir uns dann noch zu Ninjas Eltern auf, wo es um 12 nach dem Umarmen und dem Feuerwerk Truthahn und Maiskolben gab. Und Sekt und Wein und Catchassa.
Am nächsten Morgen machte ich mich dann früh und unausgeschlafen zum Internetcafe auf, um meinen Lieben daheim ein frohes Fest zu wünschen. Daraus wurde nichts, die Besitzer des Cafes hatten selbst noch nicht ausgeschlafen. Egal, weiter zum Nilo. Mit dem verbrachte ich dann einen sehr entspannten verregneten ersten Weihnachtstag mit ein paar Filmen und ein bisschen Dösen. Und dort bekam ich auch das typische peruanische Weihnachtsfrühstück: Cacao und Pannetone. Ihr wisst schon, dieser italienische Christstollenabklatsch… Aber lecker ist er doch.

Am 26. hab ich von Weihnachten schon gar nichts mehr gemerkt. Aber das könnte auch etwas daran liegen, dass das der 99. Geburtstag des Bundeslandes Madre de Dios war. Da war auf dem Plaza recht viel los mit Reden, Musik und Armeeaufmarsch. Mir war das zu laut, ich spazierte ein Weilchen durch die Stadt und freute mich sehr, als ich an meiner Lieblingskreuzung Leon Velarde –Dos de Mayo nach langem mal wieder einen Gaukler antraf. Sogar ein Langhaariger ;-)^^Mit dem plauderte ich ein bisschen und wir schlenderten ein paar Stündchen durch die Stadt. Das war eigentlich so ungefähr das Spannendste des Tages.
Ich hoffe, nun sind erst mal alle zufrieden. Wenns noch Fragen gibt scheut nicht sie auszusprechen.
So, nun noch fix das Exotenextra und dann ab ins Bett. Das ist dieses mal – wie könnte es anders sein – die Mango. Die stammt ursprünglich aus Indien, ein paar Sorten fühlen sich aber auch hier ganz wohl. Mich erinnern diese majestätischen Bäume irgendwie ein bisschen an Kastanien. Mit den Mangos sieht es dann allerdings fast obszön aus, die hängen nämlich an für so grosse Früchte viel zu dünn und lang erscheinenden Stielen. Aber die Natur hat das ganz gut hingekriegt. Und sie sind natürlich echt lecker, nur an die Fasern zwischen den Zähnen und die Dötschen (von wegen grosse Bäume, schwere Früchte und harter Boden und so…) muss man sich gewöhnen.

Das Foto ist übrigens am Plaza de Armas entstanden und der Baum dürfte so um die 100 Jahre zählen. So Obstbäume an öffentlichen Plätzen finde ich irgendwie klasse. Mit ein bisschen Glück kann man sich mit einer saftigen Mango ins Gras hocken – mit ein bisschen Glück wohlgemerkt, denn meistens lagen nur Schalen rum. Nun ja, in Deutschland wird es sowas wohl nie geben, von wegen gefährlich… Nun ja gut, ist schon ein bisschen unheimlich, wenn neben einem ein gelbes Geschoss aus 20 oder 30 Metern Höhe einschlägt. Aber hey, man könnte ja mal Kirschbäume pflanzen 😉
Das wärs erst mal denke ich… Liebe Grüsse aus dem zugegebenermassen etwas verregneten Puerto und allen einen guten Start ins Weltuntergangsjahr 2012… Ach ja, und noch ein Panda für Panda

unter Anderem eine peruanische Hochzeit


2011
11.22

Ich schäme mich sehr, dass ich mich in den letzten Wochen nicht gemeldet habe. Irgendwie vergeht die Zeit wie im Flug und ich dachte, der letzte Eintrag läge erst ein paar Tage zurück. So richtig viel Spannendes ist bis zu diesem Wochenende aber auch nicht passiert, aber dazu später.
Erst mal ein bisschen was zum Projekt. Also nachdem wir die letzten Wochen vor allem mit Sähen und Pflanzen auf der Chacra beschäftigt waren, haben wir die diese Woche erst einmal in Ruhe gelassen. Nun können die Sternfrucht- und Paranussschösslinge anwachsen und Kartoffeln, Zwiebeln, Ingwer und Avocado haben Zeit zum keimen. Ausserdem haben wir schon in mehreren Bananenreihen angefangen, Papaya zwischen die einzelnen Stauden zu pflanzen, die jeweils ein paar Bohnen als Wiegennachbarn bekommen haben. Die wachsen nämlich schnell, halten das Unkraut fern, spenden den ersten Trieben Schatten, düngen den Boden weil Leguminosen und sind obendrein sogar noch essbar. Ganz fertig geworden sind wir leider noch nicht aber das kommt auf jeden Fall in den nächsten Tagen noch.
Diese Woche haben wir vor allem Tüten mit Erde gefüllt und Stöcker rein gesteckt. Das klingt erst mal komisch aber wenn alles gut geht schlagen die aus und wir haben bald eine Armee von Ziersträuchern.
Am spannendsten und leider auch anstregendensten war aber das wieder frei schlagen des Pfads durch das Sekundärwäldchen des Ökozentrums. Direkt neben der Chacra liegt nämlich ein hübsch verfilztes, nahezu unberührtes Fleckchen und das soll Bauern und Allgemeininteressierten zeigen, was für nützliche Pflanzen da im Wald so wachsen und vielleicht auch, wie man den Wald nutzen kann ohne ihn zu roden. Dazu werden wir für ein paar spannende Pflanzen auf dem Weg noch Schilder machen, zuvor heisst es aber erst mal Machete schärfen und ran. Als besonders fiess entpuppte sich hierbei das bambusähnliche Zeugs, dass auch noch richtig böse Stacheln hat, die problemlos durch Handschuhe kommen.Aber lohnen tut es sich auch… zum Beispiel gibt es dort einen ziemlich grossen und vor allem mächtigen Baum, der eine Aushöhlung im Stamm hat, in der vermutlich Fledermäuse hausen. Vielleicht setze ich mich an einem der nächsten Tage mal zur Dämmerungszeit mit einer Kamera vor die Öffnung. Ausserdem gibt es wilde Bienen in der Höhle eines anderen Baums. Und die sehen sogar mal richtig aus wie typische Bienen und nicht wie die kleinen schwarzen Dinger die hier so als Bienen bezeichnet werden… Fertig sind wir allerdings noch lange nicht… Mal sehen, wie es in der nächsten Zeit weiter geht.
An sonsten habe ich mich nun tatsächlich dazu entschlossen, mir die Grundsachen von Capoeira beibringen zu lassen. Wenn ich es also schaffe mache ich mich abends zum Haus der Efrains auf, wo dann meistens der kleine Ninja schon wartet um uns zu malträtieren. Er ist tatsächlich kleiner als ich aber das macht er mit Auftreten und Körperbau mehr als wett. Man hat wirklich den Eindruck, er besteht nur aus Haut und Muskeln und ganz vielleicht ein paar Knochen. Die Übungen, die wir machen, machen wir meist 50 mal und zwischendurch 50 mal im Liegen die beine hoch und noch 20 bis 30 Liegestütze – meist 2 mal am Abend. Und am Ende wird immer gedehnt. Ich bin wirklich sehr froh, dass mein Körper schon einigermassen gelenkig ist.. Der eine oder andere hat schon ein paart Tränchen weggewischt, als ihm beim Spagat nachgeholfen wurde. Ja, es hat schon ein bisschen was Satanistisches, aber es macht auch echt Spass XD
So, jetzt endlich zum eigentlich spannenden Teil diese Woche. Und zwar war ich am Samstag abend auf einer kirchlichen Hochzeit mit allem drum und dran, mit Braut in Weiss, Blumenkindern und Reis. Da ich in Deutschland nie einer Kirchlichen Hochzeit beiwohnte, kann ich leider keine direkten Vergleiche ziehen, aber hübsch anzusehen war es auf jeden fall. Da reingeraten bin ich übrigens, weil der Bräutigam ein Polizist und Arbeitskollege vom Nilo war. Witzigerweise wurde Felix auch eingeladen, aber von jemand anderem. Puerto Maldonado ist also doch irgendwie ein Dorf 😉
Da ich in Deutschland natürlich nicht gerade Ballkleider in meinen Rucksack gepackt hatte, musste ich mir erst mal angemessene Kleidung besorgen. So ist der Nilo dann am Samstag mittag mit mir losgetiegert und wir haben mir ein langes braun-crèmefarbenes Kleid ausgesucht, um eine hässliche kleine Schramme an meinem Bein zu verdecken. Abends habe ich mir dann noch mal kurz meine vom Klima etwas angegriffenen Haare zurechtzurren lassen und ohne gefragt zu werden wurde ich dann auch noch geschminkt. Alles im selben Geschäft, versteht sich^^ Dazu dann noch goldene Schuhe mit riesigen Absätzen (die am späteren Abend höllisch schmerzten) und noch ein bisschen Glitzerschmuck – Ich muss zugeben, ich sah an dem Abend wahrscheinlich besser aus als an meinem Schulabschluss XD
Tja, und dann ging es in die Kirche. In dem Punkt muss man sich im Kopf von den alten europäischen Kirchen frei machen. Hier in PM sind die Kirchen alle recht neumodisch, aber doch irgendwie hübsch. Diese hier hatte bunte Fenster in vorm von Flammen. Nach peruanischem Brauch begann das Ganze natürlich nicht um 8 sondern erst um halb 9, und zwar mit dem einschreiten der Braut an der Hand des Grossvaters (der Vater ist verstorben), angeführt von Blumenkindern und gefolgt von weiteren Kindern zum Schleppe tragen. Und dann lief eben die Zeremonie ab, vermutlich ganz ähnlich wie in Deutschland auch. Ringe wurden ausgetauscht, geküsst, Hostie und Wein verteilt… Gestört wurde das ganze nur leider von einem kleinen Stromausfall, aber die Kerzen spendeten genug Licht. Die Musik kam übrigens von einem Chor und war definitiv ganz anders als die Kirchenlieder in Deutschland. Ich kann es leider nicht beschreiben aber es klang sehr locker und fröhlich. Ein Lied gegen Ende war besonders spannend, weil plötzlich alle die Menschen vor-, hinter- oder neben sich umarmten, auch wenn diese wildfremd waren. Am Ende der Kirchenzeremonie wanderte das Brautpaar dann durch ein Spalier aus Polizeimützen, die Arbeitskollegen des Bräutigamms hatten sich nämlich am Ausgang aufgestellt.
Gefeiert wurde dann in einem hell eingerichteten Restaurant, in dem alles mit weissen und roten Tüchern voll hing. Leider hatte ich keine Kamera dabei, weil mein Kleid keine Taschen hatte. Es wurde noch die eine oder andere Rede gehalten, Häppchenwurden gereicht und eine Band spielte die ganze Zeit südamerikanische Tanzmusik. Da Nilo grossen spass am Tanzen hat und auch recht gut ist musste ich natürlich auch mit ihm Tanzen. Gegen 12 wurde dann noch ein Essen serviert, davon war allerdings leider nur der Reis vegetarisch. Danach war ich schon schändlicherweise ziemlich müde… Da Nilo gegen 7 wieder arbeiten musste nahmen wir uns eigentlich vor nur noch die wunderschöne Torte abzuwarten. Die bestand aus mehreren aufgebarrten kleinen Torten, die mit Rosen und Brautpärchen dekoriert waren. Leider warteten wir vergeblich… als wir um 3 gingen hatte noch keiner anstalten gemacht, sie anzuschneiden und auch Felix, der erst gegen halb 4 ging bekam nichts ab. Im nachhinein haben wir uns dann gedacht, dass es vielleicht nur eine Atrappe war -.- Schade.

Nun noch fix eine neue Pflanze… Und weil ich von den dingern in letzter Zeit so viele gepflanzt habe und die wirklich lecker sind hab ich mich für die Banane entschieden. Davon gibt es unglaublich viele Sorten hier. Die Kochbananen finde ich am genialsten, weil es die in Deutschland so überhaupt nicht gibt und weil man damit so viel anstellen kann. Wenn sie reif sind, schneidet man sie einmal der länge nach auf, brät sie und ist sie so oder mit Schockosauce oder sonstigen Schweinereien. Grün schneide ich sie am liebsten in kleine Scheiben, brate sie mit ganz viel Öl, Zwiebeln und Salz an und dann gibt es vielleicht noch Avocadocrème oder Mayo dazu. Schmeckt fast wie bratkartoffeln.
Aber auch die normalen Bananen schmecken hier super. Ich habe mich mitlerweile in die Seidenbananen verliebt, die nicht ganz so gross sind wie die in deutschen Supermärkten. Felix dagegen schwört auf etwa Fingergrosse, die man auch super trocknen kann. Es gibt aber auch etwa gurkengrosse Bananen hier…
So noch was zum pflanzen, das ist nämlich auch ganz spannend. Bananen Wachsen an Stauden (und nein, man kann sie nicht gerade biegen =). Jeder Stamm, oder eher Schaft trägt dabei nur einmal Früchte, danach bildet er Ableger und stirbt ab. Und diese Ableger kann man dann halb ausgraben, halb abhacken und einfach so in den Boden stecken. Man braucht sie nicht einmal angiessen, weil sie so viel Saft haben. Wenn man aber ein bisschen darauf achtet, wie man sie einpflanzt, kann man bestimmen, wohin die Früchte hängen sollen. Die wachsen nämlich immer nach aussen, das heisst, wenn man die Ablegerseite, die an der Mutterpflanze hing nach Osten zeigend in den Boden steckt, wachsen die Früchte nach Westen. Dann hackt man auf halber Höhe eine Scharte in den Schaft, das ganze kippt und man kann gemütlich ernten. Um die Pflanzen gesund zu halten muss man hin und wieder die alten Blätter und Schäfte entfernen, damit sich kein Ungeziefer einnistet.Was ich sonst noch spannend fand war, dass man den Blättern der Sprösslinge schon ansehen kann, ob die Pflanze gesund und gut genährt ist. Wachsen die sehr schmal und gerade, ist sie top. Sehen sie schon breit und zerrissen aus wie bei einer alten Pflanze, sind sie nicht in Ordnung.
Die Dinger wachsen übrigens unglaublich schnell. Wir haben zwei Exemplare von der Chacra mitgenommen und im Ecocentro gepflanzt. Nach einem Tag sah das ungefähr so aus:

Nach ca. einem Monat so:

So viel zu dieser wundervollen Pflanze, die wohl viel zur Menschheitsentwicklung beigetragen hat 🙂

Lieben Gruss,
Alondra