Archive for Juli, 2012

Der vorerst vorletzte Blogeintrag


2012
07.09

So, dem einen oder anderen mag das jetzt etwas verfrüht vorkommen, aber wenn man mal so nachrechnet, ist es wirklich nicht mehr lang und den letzten Monat werde ich beim Reisen wohl kaum zum schreiben kommen. Verbrate nämlich noch meine letzten Ferientage und ein paar, die uns der Luis geschenkt hat (vielen Dank an dieser Stelle!).
Muss nur leider sagen, dass jetzt nicht so richtig viel passiert ist. In Sachen Arbeit war ich wohl am meisten damit beschäftigt, Schilder für die Nutzpflanzen in unserem kleinen Naturwald zu machen. Das hiess also alles schön abtippen (natürlich mit lateinischem Namen und Gebrauch), ausdrucken, zurechtschneiden, die Plastikhüllen dafür zurechtschneiden, alles zusammenfügen und dann jedes einzeln 4 mal pro Seite einschweissen. Ja, ich war glücklich, als ich fertig war. Aber ich finde, es hat sich gelohnt und ich hoffe nur, dass es auch ein weilchen hält.
Das letzte Wochenende im Juni war ich noch mal in Cusco, obwohl es mich ehrlich gesagt schon ziemlich langweilt und das Klima mir auch überhaupt nicht passt. Wir hatten verlängertes Wochenende und in Puerto hätte ich mich ganz allein gelangweilt. Deshalb machte ich noch etwas, was ich vorher lange im Kopf, dann aber schon fast aufgegeben hatte. Ich habe mir vom Aussichtspunkt Tres Cruces den Sonnenaufgang angeschaut. Die Fahrt dort hin ist nur in diesem Monat lohnenswert, weil er sonst meist von Wolken eingehüllt ist. Und er liegt einige Kilometer vom Eingang zum Nationalpark entfernt und ist dementsprechend schön aber auch schwer zu erreichen. Dies merkte ich gleich in Cusco, als ich mich informieren wollte: Keine wusste etwas genaues, aber alle etwas Unterschiedliches.
Bin dann irgendwann auf gut Glück mit dem Strassenkleinbuss ins 2 1/2 Stunden entfernte Paucartambo gefahren. Hier wurde mir dann gesagt, dass es tatsächlich die möglichkeit gibt, nachts um drei hoch zu fahren und dann das Schauspiel zu betrachten, was allerdings für einen allein umgerechnet rund 36 Euro kostet. Habe dann stunden gehofft, dass vielleicht noch wer kommt, aber alle sind mit vollgepackten Privatautos gefahren. Überlegte schon einen Tag zu warten, ein Zelt auszuleihen und dort dann die ganze Nacht zu verbringen, doch die Hostalbesitzer redeten mir das wegen der Kälte und den fehlenden Fahrmöglichkeiten aus. So nahm ich also tatsächlich das Taxi und brachte mich wohl teuer um ein Abenteuer. Dort standen nämlich tatsächlich ein paar Zelte, und sogar ein deutsches Pärchen war da und zeigte mir bilder vom spektakulären Sonnenuntergang. Nun ja, dafür habe ich nicht so lange gefrohren. Jetzt aber zum Sonnenaufgang. Der liess ziemlich lang auf sich warten, da ich schon gegen zwanzig vor 5 da war und die eigentliche scheibe erst gegen 6 über den Rand der Welt lugte. Aber davor die Zeit war auch echt schön! Wie aus der völligen Finsterniss plötzlich ein silbriger Streifen auftaucht… ich habe gefühle 100 Fotos gemacht mit allen möglichen Einstellungen um mir die Zeit zu vertreiben (so hab ich das eine oder andere dazu gelernt). Die Wolkenberge unter einem waren auch ziemlich beeindruckend, wirklich majestätisch alles in allem, obwohl das selbst bei der besten Kameraeinstellung nicht richtig rüber kommt. Der Himmel wurde bald strahlend golden und es war tatsächlich schon fast hell. Als die Sonne dann tatsächlich kam, konnte man das Licht kaum länger als ein paar Sekunden ertragen. Länger brauchte die Scheibe aber auch nicht, um sich über den Horizont zu schieben. Schön war es wohl.. Seht selbst.

Zurück in Paucartambo haute ich mich noch ein weilchen hin, frühstückte und machte ich dann recht fix auf den Weg zurück nach Cusco. Paucartambo ist recht hübsch, aber auch sehr klein.

Ein anderes kleines Highlight war das hier:

Nein, dass sind keine Betonklötze, das ist rund 24 Stunden alte Seife. Die haben wir selbst gemacht zusammen mit unseren Nachbarn, und zwar aus einem Haufen übriggebliebenen Fetten, wie zum Beispiel ranzigem Paranussöl und Sesam-karottenöl. Schon eine spannende Sache, das Seife machen, und wir hatten unsere Nachbarn deswegen schon länger belagert. Aber es kam ihnen auch gelegen, da sie Anschauungsmaterial für ihren Seifenkurs in ein paar Tagen brauchten. Was mich auch zu den Kursen führt, die hier neu eingeführt wurde. Das Ecocentro versucht nämlich nun ungefähr jeden Monat eine Art Informationstag zu veranstalten. Vor ein paar Wochen war schon einer in ökologischer Gemüsewirtschaft. Leider wurde Puerto ausgerechnet an diesem Tag von einer ungemütlichen Friaje heimgesucht, weswegen nicht viele kamen. Aber es war trotzdem spannend. Allgemein ist jetzt plötzlich irgendwie mehr los hier in unserem Projekt. Auch die Schule Potsiwa, in der wir lange Zeit mithalfen, kommt nun ein mal die Woche vorbei, um mit den Kindern einen kleinen Biogemüsegarten zu machen. Irgendwie schade, dass das alles erst jetzt am Ende unseres Aufenthaltes geschieht…

Auch sind wir derzeitig sehr damit beschäftigt, das ganze Gelände aufzuräumen. Die letzte Woche bauten wir mit viel Aufwand ein neues Dach für unseren Lehmofen. Das hatte beim letzten Sturm endgültig den Geist aufgegeben und ausserdem hatte uns jemand einen Räucherofen übertragen, der auch ein Dach brauchte. Problem nur: Lehmofen vielleicht 1,20 hoch, Räucherofen 2,80. Lösung: Altes Brunnenloch leerschöpfen, einreissen, halb zukippen und Räucherofen rein. Und dann ein Riesendach drüber, unter das nun auch noch super viel Feuerholz passt.

Das mit dem Feuerholz glaubt ihr nicht? Naja, wartet erst mal ab, bis da die zweite Etage eingezogen ist…

Nun der Grund, warum ich mir eigentlich überhaupt die Mühe dieses Eintrags mache: Ich finde, dass ist nun die perfekte Stelle, für ein paar fiese Sachen, die so im Rest des Jahres angefallen sind und die ich dann doch lieber nicht so rumposaunen wollte, um keine Panik auszulösen. Dabei sind da schöne und im grossen und ganzen ziemlich unspektakuläre Sachen dabei gewesen. Und das natürlich schön bildlich dokumentiert, vor allem Felix hat da ja einen Hang zu XD
Also fange ich mal mit meinem persönlichen Fluch an, dem Isango. Das ist das kleinste und ätzendste Insekt, dass ich kenne. Ein winzigkleines rotes Pünktchen, dass sich ins Fleisch frisst und Blut saugt. Und höllisch juckt! Ich hatte noch nicht mal bemerkt, was das eigentlich ist, als es mir schon die kuschelig warmen und weichen Kniekehlen zerfressen hatte.
Danach kamen dann ein paar ziemlich possierliche Tieren, die sich Sandflöhe nennen. Die haben so eine Angewohnheit einem ihre Eier unterzujubeln, bevorzugt an den Füssen. Obwohl ich ständig barfuss laufe, hatte ich eigentlich nicht viele Parasiten. Felix Zeh sah dafür ziemlich spektakulär aus:

Aber keine Panik, es sieht schlimmer aus, als es eigentlich ist. Die Viecher scheinen nämlich irgendetwas Betäubendes abzusondern, sodass man beim rumpulen überhaupt nichts merkt. Und mit ein paar Litern Schwedenkräuter war der Zeh dann wieder wie neu. Unschöner waren die Münzgrossen Madennester, die ich bei vielen Hunden gesehen habe. Bei unserer Dina begossen wir das Luftloch des Parasiten mit Benzin. Ein paar Stunden weiter kam bei kräftigem Druck eine dicke Made zum vorscheinen. Nach dem Motto „fressen oder gefressen werden“ Freute Dina sich über diesen kleinen Snack.
Viel unexotischerer Natur war meine Verbrennung an der Wade. Sagen wir, mein Lernprozess „niemals rechts auf ein Motorad auf- oder davon absteigen“ war recht intensiv. Und weil sich hier ja einfach alles entzündet sah das ganze nach ein paar Tagen dann so aus:

Am meisten vermisste ich es in dieser Zeit, mich gemütlich in den Schneidersitz zu setzen.
Wesentlich harmloser waren die vielen kleinen Verletzungen, die man sich bei der Arbeit zuzieht. Die muss man mit Humor nehmen. Ich werde nie vergessen, wie Felix sich mit der Machete das Fleisch am Fingerknöchel aufhackte und sich mit dem hervorschiessenden Blut erst mal Kriegsbemalung ins Gesicht malte. Bei dieser kleinen Handverletzung hier weiss ich nicht mal mehr, was passiert ist, wird also nichts Grosses gewesen sein. Sieht aber trotzdem schön aus.

Und zu guter letzt noch mal mein wunderschönes Antlitz nach unserem kleinen Bienenunfall auf der Chacra. Man beachte das rechte Auge.

So viel also zu den kleinen Lapalien hier im Regenwald. So spektakuläre Geschichten wie Penisfische sind mir nicht begegnet. Aber wer weiss, vermutlich liesse sich diese Reihe hier mit der Zeit noch Seitenweise fortführen…
Nun zum exotischen Grünzeugs. Hm… hatte ich schon über Zitrusfrüchte referiert? Davon gibt es hier unglaublich viele. Von den meisten habe ich noch nie etwas gehört, geschweigedenn, dass ich sie unterscheiden könnte… Wo bitte ist der unterschied Toronjas und unseren komischen grossen gelben schrumpeligen milden Limonen? Die Limonen sind wohl der wichtigste Vertreter diesre Pflanzengruppe und lassen sich aus der peruanischen Küche nicht weckdenken. Umso witziger finde ich es deswegen, dass die Menschen hier keine Zitronen kennen. Gekommen bin ich auf die Zitrusfrüchte übrigens, weil wir uns derzeitig ständig den bauch mit unseren eigenen köstlichen Orangen vollschlagen.

Die sind allerdings nicht, wie ihr jetzt im Kopf haben werdet, schön knallorange gefärbt, sondern eher grün bis kräftig zitronengelb. Auch die einheimischen Klementinen und Mandarinen (die ich schon in Deutschland nie auseinanderhalten konnte) schmecken in ihren grün-orange-Tönen vorzüglich, obwohl es auf dem Markt auch die von weiter weg eingeführten knallorangen Formen gibt. Meine Theorie dazu ist ja, dass sich die fürs Auge schön Farbenfroh gezüchteten Früchtchen besser verkaufen lassen, bin aber noch nicht dazu gekommen, diese These zu überprüfen.

Abgesehen davon ist vielleicht noch gut zu wissen, dass Zitrusholz unglaublich hart ist, sich also tolle Sachen damit anstellen lassen, und man aus den Blättern einen herrlichen, mild zitronigen Tee kochen kann. Eine super alternative zu den Teebeuteln, die hier eh ständig verschimmeln.
Hiermit habe ich dann wohl wieder meine Pflicht getan (wenn auch vielleicht nicht so verwöhnend umfangreich) und wünsche euch noch eine schöne Zeit. Mein letzter Blogeintrag geht dann wohl von zu Hause raus und ich hoffe, dass ich den einen oder anderen dann schon wieder in seiner physikalisch greifbaren Molekülhaufenform wiedergesehen habe, zumindest falls ich nicht den ganzen Tag bibbernd im Bett liege.
Bis dahin, liebe Grüsse!