Weltuntergang? Im Gegenteil!

2012
12.21

21.12.12 – 108 Tage seit meiner Rückkehr… Es ist einiges geschehen, seit ich wieder hier bin. Anfangs war es schon merkwürdig, obwohl das Wetter mit tropischen Temperaturen bei meiner Ankunft versuchte, mir das eingewöhnen leicht zu machen. Natürlich habe ich mich gefreut, meine Familie und Freunde wieder zu sehen. Gleichzeitig merkte ich aber auch, wie viele Freunde und auch Kleinigkeiten in Südamerika ich vermisse. Das Rückkehrseminar von meiner Organisation Welthaus Bielefeld hat mir geholfen, das ganze ein bisschen zu verarbeiten, ich hatte viel Zeit, mich mit anderen Freiwilligen auszutauschen. Mittlerweile bin ich fast schon ein bisschen schockiert, wie schnell die alte Welt mich doch wieder hatte. Aber ein bisschen ist es wohl auch gut so, denn nun habe ich neue Kraft. Das Auslandsjahr war ein lange gehegter Traum, der wundervoll war aber nun abgeschlossen ist und ich kann andere, neue Dinge in Angriff nehmen. Das heisst aber nicht, dass ich das Erlebte hinter mir lasse… Die Erfahrungen waren eine grosse Bereicherung für mich und auch jetzt prägen sie mein Leben noch.
Mit neuer Energie habe ich in Trier mein Studium aufgenommen wo ich nun brav Vorlesungen wie Pflanzenanatomie oder Umwelttoxikologie beiwohne. Denn – wie wäre es auch anders zu erwarten –ich habe mich natürlich für die naturwissenschaftliche Richtung entschieden.
Ich merke aber auch, dass mein globales Bewusstsein viel intensiver geworden ist und ich mich für einige politische Themen viel mehr interessiere… (Die Organisatoren von Weltwärts haben doch tatsächlich ihr Ziel erreicht uns junge Menschen einer Gehinrwäsche zu unterziehen 😉 Ich versuche, zu meiner Entsendeorganisation weiterhin Kontakt zu halten, obwohl ich nun etwas weiter weg wohne. Auch einige andere Verknüpfungen unter den Freiwilligen selbst sind entstanden. Und ich habe mit meinem Standort auch ein bisschen Glück: Dort gibt es eine kleine aber feine Gruppe ehemaliger Freiwilliger, die gerade mit dem dortigen Eineweltladen an einem Schulunterrichtskonzept arbeiten, um ihre Erfahrungen mit Schülern zu teilen und sie vielleicht auch ein bisschen zu einem Auslandsjahr zu motivieren. Man merkt also: es gibt noch viel zu tun und zu erleben in der nächsten Zeit und natürlich will ich auch noch mal ein bisschen mehr von der Welt sehen ganz zu schweigen von den ganzen lieben Leuten in meiner kurzzeitigen Heimat, die ich ja auch noch mal irgendwann besuchen möchte. Das hab ich der Welt auch so gesagt und sie meinte geht klar, sie würde den Untergang noch um ein paar Jahrtausende verschieben. Von den Maya wäre ja eh nicht viel übrig, da würde sich also niemand beschweren.
Ein bisschen Wehmut bleibt natürlich immer… So wie vor einigen Monaten Deutschland mir noch wie eine unwirkliche Welt vorkam ist nun Perú zu einem fernen Traum geworden. Und tatsächlich finde ich mich noch manchmal im Traum in einer tropischen Kleinstadt wieder, schlürfe einen Papayasaft und denke mir: „Ach wie gut, dass es bis Deutschland noch ein bisschen hin ist…“
In diesem Sinne verabschiede ich mich nun mit diesem viel zu langen kurzen Abschlusstext bei allen und wünsche euch ein paar besinnliche und schöne Weihnachtstage und ein gutes Hinüberwandern ins neue Jahr. Und dankt doch vielleicht mal der Welt, dass sie sich entschieden hat euch noch ein bisschen Aufschub zu gewähren. So viel Zeit um noch tolle Sachen zu machen und sich Träume zu erfüllen! Seid ihr auch so motiviert wie ich?
Lieben Gruss!

Eine Odyssee – auf Umwegen nach Deutschland

2012
08.05

Meine vorerst letzte Reise in diesem vielfältigen Land. Und sie macht dem Titel alle Ehre, ich fühlte mich die ersten zwei Wochen tatsächlich wie auf einer Odyssee.
Es ging los am Sonntag, dem 15. Juli, an dem ich abends mit meinen vier Gepäckstücken in den Bus nach Cusco stieg. Ja, mal wieder Cusco, dabei muss ich zugeben, dass mich diese Stadt mittlerweile schon ein bisschen langweilt, so schön sie auch ist. Aber dieses mal war ich ja nur auf der Durchreise. Und noch besser: mit guter Begleitung. Dort am Plaza wartete nämlich schon Sebastián auf mich, mit dem ich den Tripp machen wollte. Ziel: der Weg. Endpunkt: Machu Picchu. Ja, ich bin tatsächlich hin. Jetzt kann ich bei der ewig gleichen Frage nicht mehr cool sagen “ne, fand ich langweilig, das Land hat mehr zu bieten als ein paar Steine”. Aber bereuen tu ich es trotzdem nicht.
Zunächst war ich mal überglücklich 75 % meines Gepäcks sicher einzuschliessen, denn wir packten natürlich nur den Kram zusammen, den wir für die Reise brauchen würden. Das war ein bisschen langwierig, sodass ich die Gelegenheit nutze mein Versäumniss vom letzten Mal nachzuholen und euch diesmal mehr als nur die Haare vom Sevas vorstelle:

Hach, ist er nicht ein hübscher? Aber weiter im Text. Als wir dann irgendwann endlich fertig waren kauften wir auf dem Markt noch etwas Proviant ein: Brot, Käse, etwas Obst, scharfen Ají für Sevas („meine Mama sagt, ein Essen ohne scharf ist kein richtiges Essen“) und anderes Gemüse. Dann nahmen wir zunächst mal einen Kleinbus in das Dorf/Städtchen Tarapoto, von dort noch mal einen nach Ollantaytambo und dann gings mit einem Kombi über die Dörfer bis zur Endstation am km 82. Da waren wir ungefähr gegen drei nachmittags uns von dort ging dann die eigentliche Reise los. Ich nenne hier mal nicht die Route, die als Geheimtipp unter Hippies und Abenteuertreckern allgemein bekannt ist, aber ich denke, dieses Foto hier spricht Bände.

Auf dem Weg begegneten wir bald einem Dreiertrüppchen aus zwei Latinamädels und einem schwedischem Cousin, mit denen wir den ersten Tag wanderten. Trotz des kräftigen Windes war es schön, denn man lief sich warm und die Natur mit dem ewig rauschendem Fluss neben einem war atemberaubend. Dabei kam der schönste Teil erst noch. Gegen sieben abends kamen wir am km 94 an, wo es ein paar Unterstände gab und man gut die Nacht verbringen konnte. Wir verabschiedeten uns von den Anderen, weil die aus Zeitmangel die Nacht durchlaufen wollten. Doch wir sollten ihnen noch mehrere Male begegnen. Die Nacht war tatsächlich trotz Schlafsack, Decke und Wollsachen etwas kühl. Gegen morgen wehte uns dann noch ein feiner Nieselregen ins Gesicht, sodass wir uns entschieden, lieber gleich aufzubrechen und uns warmzulaufen. Doch wir kamen nicht weit. Nach ein paar Metern schon hielt uns ein kleines gelbes Schienenwägelchen an. Den zwei Arbeitern waren wir wohl symphatisch, denn sie wollten uns trotz Verbots ein paar Kilometer mitnehmen. Ein weilchen später liefen wir dann am km 106 beglückt durch den grünen Bergregenwald, der hier auf grund des feuchteren Klimas wuchs. Als die Sonne es dann über die hohen Gipfel schaffte, nahmen wir an einem Felsen ein köstliches Frühstück ein und lauschten dem tosenden Fluss unter uns zu dem wir ein paar 100 Meter weiter auch runtersteigen konnten, um uns zu waschen.

Hier vertrödelten wir Stunden, ich hatte fast gar keine Lust noch weiter zu gehen. So kamen wir erst gegen Mittag am km 110 an, wo Aguas Calientes liegt, der Vorort zu den Ruinen. Zunächst schauten wir mal nach den Tickets. Da viel Sevas auf einmal auf, dass er gar keine Lust hatte, sich noch einmal Mapi anzuschauen. Das letzte Mal war er mit seiner grossen Liebe hoch und ausserdem war er zu faul, um zwei Uhr nachts aufzustehen. Da verliess mich auch schon ein bisschen die Lust, doch dank meines Freiwilligenausweises bekam ich die Karte für den Peruaner-Eintrittspreis, rund die hälfte des Touripreises. So machte ich mich am nächsten Morgen dann doch gegen halb sechs an den 1 ½ stündigen Anstieg zu den Steinen. Oben sah ich dann erst mal… nichts. Die Spitze lag im tiefsten Nebel. Irgendwann tauchten dann die ersten Steinmauern auf. Und unglaublich viele Menschenhaufen, mit ununterbrochen redenden Herdenführern an der Spitze. Ich streifte ein weilchen durch die Überreste von Feldern, Wohnhäusern und Tempeln und lauschte den Guids. Belustigt stellte ich fest, dass sie sich wiedersprachen. Die meisten erzählten, die Inka hätten nasses Holz zum spalten der gigantischen Felsblöcke benutzt, an anderer Stelle wurde diese Technik als rein ägyptisch abgetan während die Inca mit sehr hartem Gestein arbeiteten.
Die Bauten an sich waren jedoch schon teilweise recht beeindruckend. Genau wie die kleinen Ruinen, die wir am Wegesrand gesehen hatten. Naja, ich schreibe mal nicht weiter, schliesslich will ich dieses Weltwunder niemandem mies reden. Vielleicht hat es mich einfach wegen dem Wirbel darum und den ganzen anderen Menschen nicht so berührt, obwohl ich es natürlich allen Reisenden gönne. Ich fühlte mich einfach wie an einem toten Ort, an den ich nicht gehöre. Irgendwann stieg ich zum höchsten kostenfreien Punkt des Berges auf, um auf das Aufklaren zu Warten und das obligatorische Gesamtüberblicksfoto zu schiessen. Ich erspare es euch an dieser Stelle, da man es in jedem drittklassigen Südamerikabildband findet.
Der Abstieg, diesmal im hellen, war wieder wirklich sehenswert Mit Orchideenblüten und zwitschernden Vögeln und den grünen Bergen im Hintergrund. Gegen halb 12 war ich unten, wo Sevas auf mich wartete. Wir assen zu Mittag, besorgten noch etwas neuen Proviant und machten uns an die 28 km Rückweg. Die wir diesmal alle aus eigener Kraft bewältigten. Gegen abend waren wir wieder am km 94, wo wir uns diesmal eine etwas geschlossenere Hütte aussuchten und so auch nicht so arg frohren. Gemütlich und erhohlt machten wir uns am nächsten Morgen an den Rückweg und waren am Nachmittag wieder in Cusco.
Das war also die erste Etappe meiner Heimreise mit Umwegen. Jetzt hätte noch ein zwei Tage chillen und dann schön gemütlich ins zwar winterliche aber (nicht zu letzt auch dank Klimawandel) erträgliche Lima fahren können.
Aber nein, ich dumme musste natürlich umbedingt ein Versprechen abgeben, mich vorher noch in La Paz, der Hauptstadt Boliviens blicken zu lassen. Dort fand nämlich eine Capoeira-Veranstaltung statt und Ninja sollte dort vom grossen Obermeister Suassuna sein nächstes Band verliehen bekommen. So fuhr ich von Cusco über Nacht nach Puno, zum Titicaca-see. Dort war dann leider erst mal Endstation, weil Strecke nach La Paz wegen Streiks dicht war. So hing ich 24 Stunden sinnlos an diesem kalten Flecken rum. Am nächsten Tag gab es dann zwar Busse nach La Paz, die fuhren aber anscheinend immer noch Umwege, sodass ich statt 4-5 8 Stunden brauchte und mehrmals umsteigen musste. In La Paz kam ich totmüde an. Dort verbrachte ich dann zwei Nächte und einen Tag, war aber zu kaputt um mir viel mehr als die Capoeiraveranstaltung und das Kino zu besuchen. War aber beides ganz schön. Und ratet mal, was wir uns angeschaut haben XD

Am Montag morgen ging es dann zurück, diesmal etwas schneller mit einzelnen Kombibussen. Brachte mir aber trotzdem nichts, als ich nämlich in Puno ankam, stellte ich nämlich fest, dass die Frau, die mir angeboten hatte, mein Gepäck in ihrem Büro im Busterminal einzuschliessen, und der ich mehrmals gesagt hatte, dass ich am Montag wieder komme und weiter will, verreist war. Und es gab natürlich auch niemanden mit Ersatzschlüssel. So konnte ich nicht wie geplant schnell meinen Kram abholen und durch nach Lima, sondern musste geschlagene zwei Stunden warten. Als die Gute dann endlich da war, gab es keinen Direktbus nach Lima mehr. So stieg ich in den nächsten Bus nach Arequipa. Auf dem Weg gab es dann noch eine kleine Verzögerung, weil die Herren von der Gepäckkontrolle nicht wussten, was ein Tampon ist. Davon hatte ich nämlich noch einige übrig gehabt und war auf die Idee gekommen, die als Polsterung in die Enden des Rohrs zu stopfen, in dem ich diverse lange Gegenstände wie einen Bogen mitschleppe. Blöde Idee.
Naja, irgendwann kam ich dann endlich in Arequipa an und die Reise fing wieder an Spass zu machen. Nicht nur, dass meine Migräne nachliess, die ich wohl wegen der Höhe schon seit La Paz mit mir rumschleppte, im Busterminal wurde ich auch von einem strahlenden Sebastián empfangen. Der war nämlich nach unserer Trennung nach Arequipa gefahren, um ein bisschen Geld für die Weiterreise nach Lima zu verdienen. Ein glücklicher Zufall, denn das war ja auch mein Ziel und zu zweit reist es sich einfach schöner und entspannter. Wir setzten uns also in einen der nächsten Busse nach Lima und ich konnte endlich ein bisschen relaxen. In Lima kamen wir dann für eine Nacht beim Bene unter, ein lieber Mitfreiwilliger, der dort bei Adecap arbeitet.
Als wir abends raus gingen, um uns ein bisschen das Nachtleben Limas anzuschauen, hatte ich auch die Ehre, Sebastians kleinen Bruder Frank kennenzulernen, der dort studiert und Koch lernt. Was für eine Seele! Ich hatte ihn gleich ins Herz geschlossen und er versprach mir, mir in den letzten 24 Stunden, die ich noch in Lima vor mir habe, etwas herrliches Vegetarisches zu kochen. Ich freu mich drauf XD

Am Tag darauf hiess es dann leider schon wieder abschied nehmen und ich setzte mich in den Flieger nach Iquitos, wo ich erst mal eine Weile brauchte, mich von dieser Odyssee zu erhohlen. Aber nun geniesse ich die Tage, obwohl es tatsächlich nun in der Trockenzeit fast unerträglich warm geworden ist in diesem Betonlabyrinth, sogar für mich. Deswegen verbringe ich nicht die ganze Zeit hier hin der Stadt, sondern mache mich auch mal ins Grüne auf.
Dieses Foto entstanden zum Beispiel auf der Rückreise von einem kleinen Dorf namens Pevas, gelegen am Amazonas.

An sonsten passiert irgendwie nicht so richtig viel Spannendes, was noch umbedingt zu erzählen wäre.
Nun noch zwei Takte zur Avocado oder auch Butternuss, auch wenn mir die passenden Fotos gerade seperat von mir in Lima unterwegs sind. Tut mir leid, reiche sie nach…
Also: Dieses Lorbeergewächs findet hier einen ziemlich hohen Zuspruch, kann man doch praktisch überall neben den Broten mit Hühnchen, Ei oder Käse auch Brote mit Avocado und Salz finden. Im Nationalgericht Causa spielt diese tropische bis subtropische Frucht eine zentrale Rolle und in unserer Küche wurde sie des öffteren zu Sosse oder Salat mit Zwiebeln, Tomaten und Käse verwurschtelt. Süss schmeckt sie mir aber auch ganz gut, mit etwas Zucker und Limonensaft kommt der butterige Geschmack voll zur Geltung. Man sollte allerdings nicht zu viel davon geniessen, sonst wird die Verdauung lahm. Trotzdem enthält das Früchtchen aber noch einiges Gutes. Nähere Infos dazu wie immer auf Wikipedia.
Hiermit verabschiede ich mich also. Tja, gerade kann ich nur sagen, dass ich mich schon sehr darauf freue, euch bald alle wieder zu sehen, mache mich jetzt aber auf, wehmütig eine meiner letzten Aguajinas zu trinken.
Liebste Grüsse aus dem Amazonasdelta!

Der vorerst vorletzte Blogeintrag

2012
07.09

So, dem einen oder anderen mag das jetzt etwas verfrüht vorkommen, aber wenn man mal so nachrechnet, ist es wirklich nicht mehr lang und den letzten Monat werde ich beim Reisen wohl kaum zum schreiben kommen. Verbrate nämlich noch meine letzten Ferientage und ein paar, die uns der Luis geschenkt hat (vielen Dank an dieser Stelle!).
Muss nur leider sagen, dass jetzt nicht so richtig viel passiert ist. In Sachen Arbeit war ich wohl am meisten damit beschäftigt, Schilder für die Nutzpflanzen in unserem kleinen Naturwald zu machen. Das hiess also alles schön abtippen (natürlich mit lateinischem Namen und Gebrauch), ausdrucken, zurechtschneiden, die Plastikhüllen dafür zurechtschneiden, alles zusammenfügen und dann jedes einzeln 4 mal pro Seite einschweissen. Ja, ich war glücklich, als ich fertig war. Aber ich finde, es hat sich gelohnt und ich hoffe nur, dass es auch ein weilchen hält.
Das letzte Wochenende im Juni war ich noch mal in Cusco, obwohl es mich ehrlich gesagt schon ziemlich langweilt und das Klima mir auch überhaupt nicht passt. Wir hatten verlängertes Wochenende und in Puerto hätte ich mich ganz allein gelangweilt. Deshalb machte ich noch etwas, was ich vorher lange im Kopf, dann aber schon fast aufgegeben hatte. Ich habe mir vom Aussichtspunkt Tres Cruces den Sonnenaufgang angeschaut. Die Fahrt dort hin ist nur in diesem Monat lohnenswert, weil er sonst meist von Wolken eingehüllt ist. Und er liegt einige Kilometer vom Eingang zum Nationalpark entfernt und ist dementsprechend schön aber auch schwer zu erreichen. Dies merkte ich gleich in Cusco, als ich mich informieren wollte: Keine wusste etwas genaues, aber alle etwas Unterschiedliches.
Bin dann irgendwann auf gut Glück mit dem Strassenkleinbuss ins 2 1/2 Stunden entfernte Paucartambo gefahren. Hier wurde mir dann gesagt, dass es tatsächlich die möglichkeit gibt, nachts um drei hoch zu fahren und dann das Schauspiel zu betrachten, was allerdings für einen allein umgerechnet rund 36 Euro kostet. Habe dann stunden gehofft, dass vielleicht noch wer kommt, aber alle sind mit vollgepackten Privatautos gefahren. Überlegte schon einen Tag zu warten, ein Zelt auszuleihen und dort dann die ganze Nacht zu verbringen, doch die Hostalbesitzer redeten mir das wegen der Kälte und den fehlenden Fahrmöglichkeiten aus. So nahm ich also tatsächlich das Taxi und brachte mich wohl teuer um ein Abenteuer. Dort standen nämlich tatsächlich ein paar Zelte, und sogar ein deutsches Pärchen war da und zeigte mir bilder vom spektakulären Sonnenuntergang. Nun ja, dafür habe ich nicht so lange gefrohren. Jetzt aber zum Sonnenaufgang. Der liess ziemlich lang auf sich warten, da ich schon gegen zwanzig vor 5 da war und die eigentliche scheibe erst gegen 6 über den Rand der Welt lugte. Aber davor die Zeit war auch echt schön! Wie aus der völligen Finsterniss plötzlich ein silbriger Streifen auftaucht… ich habe gefühle 100 Fotos gemacht mit allen möglichen Einstellungen um mir die Zeit zu vertreiben (so hab ich das eine oder andere dazu gelernt). Die Wolkenberge unter einem waren auch ziemlich beeindruckend, wirklich majestätisch alles in allem, obwohl das selbst bei der besten Kameraeinstellung nicht richtig rüber kommt. Der Himmel wurde bald strahlend golden und es war tatsächlich schon fast hell. Als die Sonne dann tatsächlich kam, konnte man das Licht kaum länger als ein paar Sekunden ertragen. Länger brauchte die Scheibe aber auch nicht, um sich über den Horizont zu schieben. Schön war es wohl.. Seht selbst.

Zurück in Paucartambo haute ich mich noch ein weilchen hin, frühstückte und machte ich dann recht fix auf den Weg zurück nach Cusco. Paucartambo ist recht hübsch, aber auch sehr klein.

Ein anderes kleines Highlight war das hier:

Nein, dass sind keine Betonklötze, das ist rund 24 Stunden alte Seife. Die haben wir selbst gemacht zusammen mit unseren Nachbarn, und zwar aus einem Haufen übriggebliebenen Fetten, wie zum Beispiel ranzigem Paranussöl und Sesam-karottenöl. Schon eine spannende Sache, das Seife machen, und wir hatten unsere Nachbarn deswegen schon länger belagert. Aber es kam ihnen auch gelegen, da sie Anschauungsmaterial für ihren Seifenkurs in ein paar Tagen brauchten. Was mich auch zu den Kursen führt, die hier neu eingeführt wurde. Das Ecocentro versucht nämlich nun ungefähr jeden Monat eine Art Informationstag zu veranstalten. Vor ein paar Wochen war schon einer in ökologischer Gemüsewirtschaft. Leider wurde Puerto ausgerechnet an diesem Tag von einer ungemütlichen Friaje heimgesucht, weswegen nicht viele kamen. Aber es war trotzdem spannend. Allgemein ist jetzt plötzlich irgendwie mehr los hier in unserem Projekt. Auch die Schule Potsiwa, in der wir lange Zeit mithalfen, kommt nun ein mal die Woche vorbei, um mit den Kindern einen kleinen Biogemüsegarten zu machen. Irgendwie schade, dass das alles erst jetzt am Ende unseres Aufenthaltes geschieht…

Auch sind wir derzeitig sehr damit beschäftigt, das ganze Gelände aufzuräumen. Die letzte Woche bauten wir mit viel Aufwand ein neues Dach für unseren Lehmofen. Das hatte beim letzten Sturm endgültig den Geist aufgegeben und ausserdem hatte uns jemand einen Räucherofen übertragen, der auch ein Dach brauchte. Problem nur: Lehmofen vielleicht 1,20 hoch, Räucherofen 2,80. Lösung: Altes Brunnenloch leerschöpfen, einreissen, halb zukippen und Räucherofen rein. Und dann ein Riesendach drüber, unter das nun auch noch super viel Feuerholz passt.

Das mit dem Feuerholz glaubt ihr nicht? Naja, wartet erst mal ab, bis da die zweite Etage eingezogen ist…

Nun der Grund, warum ich mir eigentlich überhaupt die Mühe dieses Eintrags mache: Ich finde, dass ist nun die perfekte Stelle, für ein paar fiese Sachen, die so im Rest des Jahres angefallen sind und die ich dann doch lieber nicht so rumposaunen wollte, um keine Panik auszulösen. Dabei sind da schöne und im grossen und ganzen ziemlich unspektakuläre Sachen dabei gewesen. Und das natürlich schön bildlich dokumentiert, vor allem Felix hat da ja einen Hang zu XD
Also fange ich mal mit meinem persönlichen Fluch an, dem Isango. Das ist das kleinste und ätzendste Insekt, dass ich kenne. Ein winzigkleines rotes Pünktchen, dass sich ins Fleisch frisst und Blut saugt. Und höllisch juckt! Ich hatte noch nicht mal bemerkt, was das eigentlich ist, als es mir schon die kuschelig warmen und weichen Kniekehlen zerfressen hatte.
Danach kamen dann ein paar ziemlich possierliche Tieren, die sich Sandflöhe nennen. Die haben so eine Angewohnheit einem ihre Eier unterzujubeln, bevorzugt an den Füssen. Obwohl ich ständig barfuss laufe, hatte ich eigentlich nicht viele Parasiten. Felix Zeh sah dafür ziemlich spektakulär aus:

Aber keine Panik, es sieht schlimmer aus, als es eigentlich ist. Die Viecher scheinen nämlich irgendetwas Betäubendes abzusondern, sodass man beim rumpulen überhaupt nichts merkt. Und mit ein paar Litern Schwedenkräuter war der Zeh dann wieder wie neu. Unschöner waren die Münzgrossen Madennester, die ich bei vielen Hunden gesehen habe. Bei unserer Dina begossen wir das Luftloch des Parasiten mit Benzin. Ein paar Stunden weiter kam bei kräftigem Druck eine dicke Made zum vorscheinen. Nach dem Motto „fressen oder gefressen werden“ Freute Dina sich über diesen kleinen Snack.
Viel unexotischerer Natur war meine Verbrennung an der Wade. Sagen wir, mein Lernprozess „niemals rechts auf ein Motorad auf- oder davon absteigen“ war recht intensiv. Und weil sich hier ja einfach alles entzündet sah das ganze nach ein paar Tagen dann so aus:

Am meisten vermisste ich es in dieser Zeit, mich gemütlich in den Schneidersitz zu setzen.
Wesentlich harmloser waren die vielen kleinen Verletzungen, die man sich bei der Arbeit zuzieht. Die muss man mit Humor nehmen. Ich werde nie vergessen, wie Felix sich mit der Machete das Fleisch am Fingerknöchel aufhackte und sich mit dem hervorschiessenden Blut erst mal Kriegsbemalung ins Gesicht malte. Bei dieser kleinen Handverletzung hier weiss ich nicht mal mehr, was passiert ist, wird also nichts Grosses gewesen sein. Sieht aber trotzdem schön aus.

Und zu guter letzt noch mal mein wunderschönes Antlitz nach unserem kleinen Bienenunfall auf der Chacra. Man beachte das rechte Auge.

So viel also zu den kleinen Lapalien hier im Regenwald. So spektakuläre Geschichten wie Penisfische sind mir nicht begegnet. Aber wer weiss, vermutlich liesse sich diese Reihe hier mit der Zeit noch Seitenweise fortführen…
Nun zum exotischen Grünzeugs. Hm… hatte ich schon über Zitrusfrüchte referiert? Davon gibt es hier unglaublich viele. Von den meisten habe ich noch nie etwas gehört, geschweigedenn, dass ich sie unterscheiden könnte… Wo bitte ist der unterschied Toronjas und unseren komischen grossen gelben schrumpeligen milden Limonen? Die Limonen sind wohl der wichtigste Vertreter diesre Pflanzengruppe und lassen sich aus der peruanischen Küche nicht weckdenken. Umso witziger finde ich es deswegen, dass die Menschen hier keine Zitronen kennen. Gekommen bin ich auf die Zitrusfrüchte übrigens, weil wir uns derzeitig ständig den bauch mit unseren eigenen köstlichen Orangen vollschlagen.

Die sind allerdings nicht, wie ihr jetzt im Kopf haben werdet, schön knallorange gefärbt, sondern eher grün bis kräftig zitronengelb. Auch die einheimischen Klementinen und Mandarinen (die ich schon in Deutschland nie auseinanderhalten konnte) schmecken in ihren grün-orange-Tönen vorzüglich, obwohl es auf dem Markt auch die von weiter weg eingeführten knallorangen Formen gibt. Meine Theorie dazu ist ja, dass sich die fürs Auge schön Farbenfroh gezüchteten Früchtchen besser verkaufen lassen, bin aber noch nicht dazu gekommen, diese These zu überprüfen.

Abgesehen davon ist vielleicht noch gut zu wissen, dass Zitrusholz unglaublich hart ist, sich also tolle Sachen damit anstellen lassen, und man aus den Blättern einen herrlichen, mild zitronigen Tee kochen kann. Eine super alternative zu den Teebeuteln, die hier eh ständig verschimmeln.
Hiermit habe ich dann wohl wieder meine Pflicht getan (wenn auch vielleicht nicht so verwöhnend umfangreich) und wünsche euch noch eine schöne Zeit. Mein letzter Blogeintrag geht dann wohl von zu Hause raus und ich hoffe, dass ich den einen oder anderen dann schon wieder in seiner physikalisch greifbaren Molekülhaufenform wiedergesehen habe, zumindest falls ich nicht den ganzen Tag bibbernd im Bett liege.
Bis dahin, liebe Grüsse!

Die Südperútourné

2012
06.02


Wir schreiben das Jahr 1902. Eine unerschrockene Forschertruppe macht sich zu einer beschwerlichen Expedition im Amazonasdelta auf, ständig den Naturgewalten und –plagen (wie Moskitos) ausgesetzt. Die Route führt sie von den Höchsten Gipfeln der Anden an vielen nebelwaldbedeckten Hängen vorbei hinunter ins Tiefland, wo sie dem Fluss Manú in die gründe Hölle folgen.

Habe ich eure Aufmerksamkeit? Gut. Dann kann ich ja jetzt erst mal vorne anfangen. Nur so viel: Es hat sich für unsere Abenteurer gelohnt.
Ich fange mal in der Woche an, wo Felix Familie angekommen ist, denn da hatten wir auch noch spontanen Besuch von zwei anderen lieben Chaoten: Sebastian und Willian, beides Jongleure. Chaoten deshalb, weil sie ziemlich unangemeldet kamen. Sevas hatte mich zwar Monate zurück mal gefragt, ob er bei der Durchreise durch Puerto ein paar Tage bei uns einen Schlafplatz finden würde, doch hatten sich dann relativ fix seine Reisepläne wieder geändert. Nun hatte er kurzfristig seine Pläne doch wieder geändert, und kam dann am Sontag morgen mit seinem neu gefundenen Reisegefährten bei uns an. Unangemeldet, weil er irgendwie die falsche Telefonnummer hatte. War aber im Grunde kein Problem, sie hatten ihr eigenes Schlafzeug dabei, machten wie üblich haufenweise Geschenke, bekochten uns, wobei wir mal wieder ein paar neue Leckereien kennenlernten, halfen uns bei unseren Arbeiten auf dem Gelände und auch sonst schlossen wir sie sehr ins Herz. Sogar Felix Familie, die am Nachmittag ankam, verstand sich gut mit ihnen, wenn auch mit Händen und Füssen.
Das ganze währte aber nicht lang, denn schon am kommenden Freitag machte ich mich nach Cusco auf, wo ich meine Schwester nach 23 Stunden Busfahrt abholte und von wo wir unsere Rundreise starteten. Zunächst blieben wir zur Aklimatisierung ein bisschen in Cusco und Tranken Cocatee.

Wir wollten aber nicht zu viel Zeit vertödeln und machten uns recht fix daran, unseren ersten Programmpunkt abzuarbeiten: der Nationalpark Manú. Zugegeben, ich war zunächst wegen der Tourpreise etwas skeptisch und es kostete Jenny ein paar Wochen Überredungsarbeit, doch im Endeffekt bin ich sehr froh, dass es ihr gelungen ist, denn es stellte sich als mein persönliches Highlight der Reise heraus.
Wir entschieden uns schliesslich für die nicht ganz so teure 4-tägige Tour. Naja, und sie war eigentlich nicht ganz so beschwerlich und pioniermässig, wie die ersten Zeilen glauben machen und vielleicht auch nicht ganz so lang her… aber irgendwie spielt Zeit in diesem gigantischen alten Rückzugsort der Natur keine so richtige Rolle und wir hätten uns des öffteren nicht gewundert, wenn ein T-Rex aus dem Gebüsch gesprungen wäre.
Am ersten Tag fuhren wir gegen 6 los und mir war bis zum Mittag noch bitterkalt, wo wir den höchsten Andenpass der Strecke von 4000m erreichten. Beieindruckend, aber nichts im vergleich zu dem, was danach kam. Es ging stetig bergab und wurde erst nur nebliger, dann auch grüner und feuchter: Ceja de Selva, die Augenbraue des Regenwaldes.

Gegen 5 war es schon fast angenehm warm und wir stiegen aus, um das Nationaltier Perús zu beobachten, den Felsenhahn. Den finden die Peruaner deshalb so toll, weil er ungefähr den Farben der Flagge entspricht. Aber eigentlich ist er vor allem beeindruckend leuchtend rot. Am nächsten Tag stiegen wir dann vom Kleinbus aufs Boot um, das uns zu unserer eigentlichen Lodge brachte. Von dort aus unternahmen wir dann Wanderungen und Bootstouren. Und änderten erst mal das Programm: einer unserer beschaulichen 4-köpfigen Gruppe hatte die Idee zur zwei Stunden entfernten Heisswasserquelle zu fahren. Wir zahlten etwas drauf wegen dem Srpit aber die Aktion hat sich wirklich gelohnt. Heisses, etwas schweflig und damit natürlich riechendes Wasser in einem naturlichen Basin mit dem lauwarmen Wasser eines anderen Flüsschens zu angenehmer Badetemperatur abgemischt. Wir legten gleich erst mal Steine in die Bambusrohre zur Heisswasserableitung und erhöhten die Wassertemperatur um ein paar Grad, denn es war ein ungemütlich kalter Tag. Leider gibt es von der ganzen Aktion gerade kein Foto (Grund s.u.), aber dafür von dem hübschen ca. 4 Meter hohen Wasserfall, zu dem wir danach gewandert sind und von dem man runterspringen kann. Was wir natürlich auch getan haben.

Tiere haben wir bei der ganzen Tour nicht so viele gesehen, aber die waren für mich auch eher nebensächlich. Eine Giftschlange und an sonsten vor allem Vögel. Diese hier waren meine Favoriten:

Eigentlich haben sie noch einen anderen Namen, den ich immer vergesse, aber hier werden sie Shanshos genannt. Vielleicht liegt das an ihrem Geruch, Chancho ist nämlich das Schwein und obwohl sie sich von Grünzweug ernähren riechen sie tatsächlich nicht besonders gut. Und sie stossen ein Gekrächze aus, das man auch einem Flugsaurier zutrauen würde. Dafür klingt das laute Rauschen ihrer Flügel echt schön. Und irgendwie sieht man ihnen schon an, dass sie Üblerbleibsel aus der Urzeit sind.
Ausserdem wurde uns demonstriert, wofür die Köpfe von grossen Ameisen so alles taugen. Wer Apokalypto gesehen hat, weiss wovon ich spreche…

Wenn ich da jetzt eine Schnittwunde hätte, würden die Zangen die Wundränder zusammen halten. Dann durften wir uns noch ein paar Kilometer vom Fluss treiben lassen und stellten dabei fest, dass die Strömung ganz schön schnell ist. Das fällt aber erst auf, wenn man zum Ufer rüber schaut. Schon beeindruckend. Und wir schwangen noch ein bisschen an Leanen, das geht nämlich tatsächlich. Aber die meiste Zeit genoss ich wohl einfach die Landschaft. Diese Bild zeigt so ungefähr was ich meine und das dann 360 Grad und mit dem richtigen Klima.

Nach dreieinhalb Tagen waren wir dann alle ziemlich erschöpft und ab dem Grasland verschlief ich den rest des Weges durch das vergleichsweise öde Land der Anden.
Also zurück in Cusco. Dort hielten wir uns wieder zwei Tage auf und trafen Will und Sevas wieder. Dort entstand auch dieses schöne Bildchen:

Aber die Uhr tickte und ziemlich fix machten wir uns nach Puno zum Titikaka-See auf. Den spricht zwar alle Welt so aus, wie ihr ihn gerade gelesen habt, aber dort lernten wir, dass die richtge Aussprache eher TitiCHaCHa oder TitiCHala lautet, damit es nicht so unfein klingt. Kaka hat nämlich irgendwie in ziemlich vielen Sprachen die selbe Bedeutung. Der Name bedeutet übrigens Pumafelsen. Wir kamen also gegen 5 in Puno an und wurden gleich von einer Frau bestürmt, die uns Touren verkaufen wollte. Wir dachten „wieso eigentlich nicht?“ und so nahm uns das Boot um 8 mit auf eine zweitägige Tour über den gigantischen blauen Spiegel.Das coolste daran war für mich wohl der Besuch der schwimmenden Schilfinseln der Uros.

Mag sein, dass der eine oder andere Tourist sich darüber aufregt, dass das alles viel zu touristisch und gar nicht mehr natürlich ist, aber dann soll er halt den Tourismus beukotieren und den Platz denen überlassen, die einfach gerne neue Dinge sehen wollen. Ich fand es spannend, denn die Inseln schwimmen tatsächlich und werden noch so ziemlich so gebaut, wie vor ein paar hundert Jahren und trotz dem bitterkalten Klima kann man auf dem trockenen Schilf tagsüber tatsächlich super barfuss laufen. Irgendwie fühlte ich mich fast wie Besucher auf einem Mittelaltermarkt – die natürlichen Hütten, die Kochstellen, die handarbeitenden Frauen, die einem ihre Werke verkaufen wollen…
Danach ging es dann zu einer festen Insel, auf der wir auch die Nacht verbringen sollten, und zwar im Hause einer dafür ausgestatteten Familie. Auf den Inseln gibt es nur Solarstrom und keine Autos und das sieht man der idyllischen Landschaft auch irgendwie an:

Wieder fühlte man sich Jahrzehnte oder Jahrhunderte zurückversetzt. Am Abend zogen wir dann landestypische Kleider an und es gab eine kleine Feier, bei der viel getanzt wurde. Das hat tatsächlich ziemlichen Spass gemacht.
Am zweiten Tag besuchten wir dann noch eine weitere Insel und fuhren dann zurück nach Puno. Natürlich war das ganze von vorne bis hinten touristisch, aber ein spannendes Erlebnis war es trotzdem.
Für den selben Abend buchten wir dann noch unser Busticket – ich wollte in wärmere Gefilde. Doch wir hatten gerade noch genug zeit uns mit Mitbringseln einzudecken und über den Plaza und die Fussgängerzone Punos zu flanieren, den wohl schönsten Teil Punos.
Nächste Etape Arequipa, die Stadt des ewigen Frühlings. Dort hatten wir den ersten Tag dann praktisch erst mal zum ausspannen und wieder Kräfte sammeln. Die brauchten wir auch, denn schon am nächsten Tag machten wir uns in den Colca-Canyon auf. Das hiess dann gegen halb 4 aufstehen und erst mal wieder ewig durch die gegend fahren. Diese unmenschliche Weckzeit lohnte sich aber, denn so waren wir pünktlich gegen 9 am Cruz del Condor, einem Aussichtspunkt, von dem man um diese Jahreszeit allmorgendlich die Condore beobachten kann, die dort die ersten Thermiken des Tages zu ihrem majestätischen Gleitflug nutzen. Ich kann nur sagen: Das war sehr beeindruckend. Seht selbst:


Danach machten wir uns dann bis zum Mittag an den Abstieg bis zum Fluss hinunter und nach dem Mittagessen ging es dann mit Sack und Pack wieder hoch. Das war ziemlich anstrengend! Dabei waren es nur ein paar hundert Meter Höhenunterschied. Der grössere Teil sollte ja erst am nächsten Tag dran sein. Aber immerhin war der Weg schön und wir lernten auch etwas. Das hier zum Beispiel sind Cochenilleläuse:

Ihr wisst schon, diese Viecher mit dem starken roten teuren Farbstoff, die auf Kakteen leben und die man heute noch teilweise zum Färben von Kosmetikartikeln verwendet. Und tatsächlich, wenn man eine von diesen dicken Tierchen zerdrückt spritzt sofort ein dicker tropfen fast blutartiger Flüssigkeit hevor.
Als wir dann abends endlich in der Lodge ankamen, sprang ich total verschwitzt in den (angewärmten 😉 Pool und freute mich an sonsten über mein Bett. Am nächsten Tag hiess es dann um halb 6 aufstehen, um den Anstieg in Angriff zu nehmen. Dies erledigten allerdings nicht meine eigenen, sondern vier behaarte Leihufe: Ein Maultier. Ja, ich schäme mich, ich habe den aufstieg nicht allein gemacht. Aber es war nicht nur allein die Faulheit sondern auch einfach Neugier, wie Reiten auf einem Maultier so ist. Und es hat spass gemacht und daran erinnere ich mich nachher sicher mehr, als an die Bezwingung der paar (tausend) Höhenmeter. Allerdings werde ich mich wohl auch an die armen verschwitzten Tiere erinnern. Die taten mir dann doch ein wenig leid. Danach fuhren wir noch zu einer heissen Quelle, die aber eher einem heissen Schwimbad glich und im Vergleich zur Quelle im Manú eher unspektakulär war. Tja, und dann hiess es wieder ziemlich lange Bus fahren.
Der nächste Tag war eigentlich mal wieder so ein zwischendurch-ausspannen-unspektakulär-Tag, lohnt aber doch einer kleinen Aufmerksamkeit. Abgesehen davon, dass er von herrlichem langem Ausschlafen geprägt war, stand beim Augen aufschlagen auch ein Stück Apfelkuchen mit einer in der letzten stromlosen Lodge mitgenommenen Kerze vor mir und meine Schwester sang mir ein Geburtstagsständchen. Das war total süss! Danach wurde erst mal ausgiebig geduscht und gefrühstückt und dann trieben wir irgendwie so den ganzen Tag durch die Stadt, sahen viel aber machten wenig. Ein ganz entspannter Tag eben. Und am Abend gab es dann das:

Ein Cusqueña Malta mit Walnusssirup! Jami! Und das mit meiner Schwester, besser gehts eigentlich nicht. Und nein, wir waren nicht so betrunken, das ist der Sonnenbrand.
Das war für mich der vorletzte Tag der Reise. Nachts waren wir schon unterwegs nach Cusco, wo wir uns noch den Tag über aufhielten und dann ging es schliesslich nach Hause.
Es liegt irgendwie in der Natur jeglichen Urlaubs, dass man erst mal geplättet und irgendwie schlecht drauf ist, wenn man Heim kommt. In diesem Fall hatte das sogar einen greifbaren Grund, weil einfach mal unser ganzes Wohnzimmer umgestalltet war. Ich hasse unsere neuen Nachbarn! Sie haben sogar das rosa Tuch mit den chinesischen Musstern abgehängt. Dabei war es eine der ersten gemeinsamen Aktionen von Felix und mir es aus dem Schlamm zu ziehen, zu waschen und aufzuhängen O.O Stattdessen hängt dort jetzt ein hässliches Bild von einer nakten Schwangeren, die Schlangen und Raubkatzen auskotzt, und zwar im Kindergartenstil. Oh wie ich sie hasse! Aber genug Frust abgelassen.
Wir hatten trotzdem noch viel Spass. Wir machten natürlich den üblichen Touripflichtkram wie den Obelisken zu besteigen, gingen mit Freunden schwimmen, in eine Charaokepizzeria und ins Serpentarium, wo wir mit einer Boa und einer kleinen Raubkatze kuscheln durften ^.^ Alles in Allem war es eine schöne Zeit und ich war schon ein bisschen traurig, als Jenny dann fahren musste. Aber hey, bis Deutschland ist ja auch nicht mehr lang!
Tja, eigentlich würde ich jetzt noch gerne wahnsinnig viele andere Fotos reinstellen, auf der Reise sind nämlich über tausend entstanden, aber leider hab ich die alle auf unserem Laptop verschlampt, der mit Jenny zur (dreimal dürft ihr raten) Reparatur nach Cusco gereist ist. Die wichtigsten Tasten der mittleren Zeile gehen nämlich nicht… Der Regenwald mit seiner Feuchtigkeit frisst wirklich sämtliche Gerätschaften. Naja, dafür dauert das Hochladen nicht so ewig… hat auch was.
Übrigens war ich von Jennys Elan positiv überrascht. Sie hat fast alle Aktionen mitgemacht. Und als ihr I-Phone und ihr Rucksack mit sämtlichen Wertpapieren gestohlen wurde und die Busgesellschaft dann noch für eine halbe Stunde alle unsere übrigen Gepäckstücke verschlampte, verzog sie (fast) keine Mine. Ihr mögt alle meinen, dass meine Schwester mir so gar nicht ähnelt und etwas spiessig aussieht, aber sie hat es faustdick hinter den Ohren!
Puh, fast geschafft! Nur noch das Lexikon. Und wieder winkt der Zufall mit der Zaunpfahlfabrik. Wir waren in Cusco nämlich in einem ebenso kleinen wie wirklich liebevoll gestalteten Museum, in dem es um die heilige Pflanze der Inkas, die Cocapflanze ging. Und die wächst nicht (wie man vielleicht erwarten würde) in der Sierra der Anden, sonder hier bei uns im Regenwald.

Dieses Exemplar hier steht bei uns an der Einfahrt und sieht leider gerade etwas gerupft aus, weil da vor ein paar Wochen bei einer Wegverbreiterungsaktion ein Baum drauf gefallen ist. Trotzdem erkennt man aber hoffentlich die schönen Mandelförmigen Blätter, die charakteristisch für diese Nutzpflanze sind. An sonsten sind sie eigentlich echt unspektakulär, wir fuhren ein halbes Jahr ständig unbehelligt an dem Strauch vorbei, bis Luis uns aufklärte.
Als Nutz-und Heilpflanze ist sie dagegen aber kein Mauerblümchen! Abgesehen von ihrem grossen Gehalt an Calcium werden die Blätter besonders in grösseren Höhen gern als Tee getrunken, da sie die Sauerstoffaufnahmefähigkeit des Blutes erhöhen und so gegen die Höhenkrankheit helfen. Und mit etwas Asche gekaut wirkt Coca als natürliches Aufputschmittel (man denke nur an CocaCola, die ursprünglich der Pflanze ihren Namen verdankt), betäubt und unterdrückt Hunger und Angst. All diese Eigenschaften machten das unscheinbare Pflänzchen zu einer heiligen Pflanze der Inkas, die nur den Obersten vorbehalten war und in vielen Zeremonien Verwendung fand.
Nun aber zum traurigeren Kapitel in jüngerer Geschichte: der Drogenproduktion. Dabei muss gleich etwas klargestellt werden: Coca ist nicht Kokain! Zwar ist das Alkaloid merklich in den Blättern vorhanden, weshalb man beim Kauen sogar ein leichtes Taubwerden der Mundschleimhaut wahrnimmt, aber der Stoff zerfällt viel zu rasch, als dass man damit irgendeinen Rausch herbeiführen könnte. Um Kokain in ausreichender Menge konzentrieren zu können, braucht man erst einmal mehrere Kilo Blätter. Die werden zum Beispiel in Aceton (!) zerstampft und über einige weitere komplizierte Schritte mit lebensfeindlichen Chemikalien kommen dann später vielleicht 100 Gramm Kokain raus, die mit der Pflanze nicht mehr viel gemein haben.
Leider hat der Drogenkonsum und das Missverständnis der Menschen dafür gesorgt, dass die Pflanze es nicht leicht hat. In Columbien, wo sie biologisch gesehen vermutlich zu erst auftrat, ist sie sogar komplett verboten und wird wie ein Schwerverbrecher gejagt und ausgerottet. Und bei Südamerikareisenden gehen Horrorgeschichten um, dass selbst die Ausführung von Cocabonbons einen am Flughafen in ernste Schwierigkeiten bringen kann. Doch dank vielen Bemühungen der hiesigen Bevölkerung, für die die Pflanze ein Teil der Kultur ist, könnte es langsam bergauf gehen. Hier kann man von Keksen über Seife bis zum Bier hin viele Produkte kaufen und ich habe sogar gehört, dass das Ausfuhrverbot gelockert worden sein soll. Also wer weiss, vielleicht können wir Europäer ja auch irgendwann von diesen Naschereien kosten.
So, geschafft. Meine einträge werden irgendwie immer länger und immer verspielter. Aber jetzt kann ich die Füsse hochlegen… Ach nein, da wartet ja noch mein dritter Quartalsbericht auf mich. Puh, nur noch etwas über zwei Monate! (Genau genommen noch bis zum 14. August, am 15. bin ich wieder im Lande, wenn es jemanden interessiert.) Die Zeit vergeht rasend. Ich hoffe, ihr seid mir nicht böse, wenn ihr die nächste Zeit manchmal länger auf die Antwort in euren virtuellen Briefkästen warten müsst. Ich möchte die letzte Zeit hier noch mal ein bisschen geniessen und wir sehen uns ja bald wieder. Von Angesicht zu Angesicht reden ist eh viel schöner.
An sonsten gibt es wie versprochen noch ein paar neue Bilder von unserer Chacra unter „die hauseigene Chacra“
Damit also liebe Grüssse und einen schönen Start in den Sommer / in die Trockenzeit / in den ätzenden Winter in Lima ;-P

Lesen sie in dieser Folge: Was ich an Ostern machte und der Horrorfilm im Gemüsegarten

2012
05.03

Also was ich an Ostern machte…

Da Ostern in der Sierra viel mehr gefeiert wird, ich aber keine Lust auf Kälte hatte und ich Ostern sowieso schon seit Jahren nicht mehr so richtig gefeiert habe, nahmen wir eine eintägige Bus/Autofahrt nach Rio Branco auf uns. Wir – das heisst Ninja und ich. Nach Brasilien wollte ich eh mal, Ninja wollte einen Capoeirameister besuchen und ich wollte mich vom traditionellen Ostermittelalterlager meiner Freunde in Deutschland ablenken. Also schlugen wir gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Dabei drohte das ganze schon fast an der Grenze zu scheitern, weil die da behaupteten, ich hätte gar keine Aufenthaltsberechtigung, da das 90Tagesvisum abgelaufen und nicht erneuert worden sei. Keine Ahnung, wofür die den blauen Stempel hielten… für einen Poststempel? Nach Zweieinhalbstunden eisernen Wartens und keine Schwäche zeigens ging es dann aber doch weiter. Die haben da wirklich kein Durchhaltevermögen. Ich hatte von 4 meinungsverstärkenden Plänen gerade mal den ersten in die Tat umgesetzt.
Wenn man über die brasilianische Grenze fährt, fallen als erstes die riesigen weiten von Wiesen- und Weideland auf, fast wie am Niederrhein oder in Holland, wenn man von den paar Paranussbäumen mal absieht. Gegen 11 Uhr nachts kamen wir dann in Rio Branco an und glücklicherweise ging Ninjas ehemaliger Capoeiralehrer Voador (Bild 1) tatsächlich ans Telefon, bei dem wir dann auch gleich die nächsten 3 Tage wohnten. Ab da fühlte ich mich dann wirklich wie in Holland. Brasilien ähnelt Europa nähmlich viel mehr als Perú, spätestens wenn man vergebens den Markt sucht und in den Supermarkt geht. Da war gerade für Ostern dekoriert und die Brasilianer scheinen auf Süsses zu stehen. Dass ich mich wie bei unseren Lieblingsnachbarn fühlte, lag allerdings vor allem daran, dass das Portugiesisch dem Spanischen genauso gleicht wie das Niederländische dem Deutschen. Wie dort spitzte ich also schön die Öhrchen und verstand sogar recht viel, bis ich mich nicht mehr konzentrieren konnte und ganz dem Asaí widmete (Bild 3). Dieses teuflischgute Puddingzeugs, mit dem ich mich an drei Abenden überfrass, wird aus einer Palmfrucht gewonnen, hat irre viel Eisen und anderes Tolles, mindestens ebensoviele Kalorien und wird dort an jeder Ecke verkauft. Die ausfuhr der Samen ist verboten… Tsts, als hätten die Peruaner nicht genauso coole Sachen…
Rio Branco ist sehr schön und wir verbrachten den grössten Teil der Zeit mit Rumlaufen. An sonsten kauften wir noch eine Berimbao, die ich auf Bild 4 gerade ausprobiere. Nein, das ist kein Bogen XD sondern ein Musikinstrument.
Bild 5 ist das Beweissfoto, dass es in Brasilien Metal gibt, denn ausgerechnet an diesem Wochenende gab es ein Konzert. Naja, eigentlich war es ein Konzertchen, aber das sagt ja nichts über den Spass aus, den hatten wir nämlich. lml -.- lml
Bild 6 hat eigentlich keine Aussage und ist nur hier, weil ich die Pflanze so cool fand.
Am letzten Tag der Reise trafen wir dann endlich den Capoeirameister an, mit dem Ninja so gerne Plaudern wollte. Maestre Arepiado, ungefähr Meister Gänsehaut. Ein sehr sympathischer Typ, der mich irgendwie an Brendan Frazer erinnerte. Ich verstand leider nicht viel von dem, was er sagte, aber seinen Widwenspitz fand ich faszinierend XD Ninja war jedenfalls glaube ich ganz glücklich, obwohl man es ihm auf Bild 7 nicht umbedingt ansieht.
Bild 8 zeigt den Fluss Acre, an dem wir ständig auf dem Weg zu Maestre Arepiados Haus entlangspaziert sind. Und wir haben tatsächlich Flussdelfine gesehen, obwohl die Bewebungen im Wasser nicht dafür gehalten hätte, wenn man es mir nicht gesagt hätte.

So, jetzt habt ihr ein ungefähres Bild, was ich an Ostern gemacht habe. Kommen wir jetzt zum mit Sicherheit spannenderen, aber mit Sicherheit auch unschöneren Teil dieses Blogeintrags. Kim, wenn du keine Albträume haben und nach meiner Rückkehr noch mit mir befreundet sein willst, wäre es vielleicht gut, wenn du jetzt nicht weiterliest… An sonsten war es schön, dich gekannt zu haben.
Das war nämlich so: Ich hatte ja irgendwann mal den Gemüsegarten erwähnt, den wir aus Spass angelegt und wegen den Hühnern eingezäunt hatten. Tja, dieses Projekt ist leider ein bisschen gescheitert, zum einen wegen dem gar nicht soo günstigen Standort (warum auch auf Luis hören?) und weil wir feststellten, dass das meiste Zeugs auch wunderbar auf der Chacra wächst. (Jagut, ich gebs ja zu, wir waren auch einfach faul. Und mein „Bodendüngender-Bodendecker-gegen-das-Unkraut“ Experiment ist auch gescheitert, weil die kleeartige „Futtererdnuss“ einfach alles überwuchert.) So grübelte ich eines Tages im Zuge der „Alles-schön-für-Herwald“-Aktion darüber nach, was man denn mit dieser Baustelle anstellen könnte. Felix widmete dem Ganzen einen Blick und meinte: Kaninchen. Das erschien uns beiden eine so geniale Idee, dass wir uns beim nächsten mal auf der Feria gleich zwei Kaninchen zulegten: Freya braungecheckt und Satan wie es sich gehört schwarz. (Felix war eigentlich gegen die Namen von wegen „Ich will keine Haustiere sondern Essen“, aber die Namen setzten sich doch durch.) Gut, das ganze war schon eine ziemlich übereilte Aktion. Deswegen war uns wohl auch ein Löchlein im Zaun entgangen, duch das Freya die Wilde schon am ersten Abend verschwand. Am nächsten Morgen entdeckte Luis sie dann auf dem Weg zum Klo und nach einer halbstündigen Scheuchaktion lief sie mir dann in die Arme. Adrenalin! Besser ist wohl nur Wildschweine mit der Hand fangen.
Danach nahmen wir uns dann vor, das ganze mit ein bisschen mehr Herz anzugehen. Wir steckten den Zaun noch mal ganz genau ab und bauten auch ein wunderschönes Häuschen in unserem „Zweckmässig und unproblematisch“-Stil.
X
Den Einzug erlebte Satan allerdings leider nicht mehr. Der lag vor der Fertigstellung um den halben Kopf beraubt im Käfig. Luis tippte auf rumstromernde Kater als Übeltäter. Wir bliesen einen Moment trübsal, aber auch nur einen Moment. Unter den Büchern in unerer kleinen Freiwilligenbibliothek hier hatte ich mir nämlich schon ganz am Anfang die Exemplare von Rüdiger Nehberg rausgepickt und das Lesefieber hatte über Anette dann schliesslich auch Felix angesteckt. Und der sah nun endlich seine Stunde gekommen, die Beschreibungen über das Ausnehmen eines Tieres in die Tat umzusetzen. Ich war anfangs ein bisschen skeptisch, aber im Grunde hatte er ja recht. Wann kriegt man schon mal die Gelegenheit, ausnehmen an einem Tier zu üben, das man weder getötet, noch von der Strasse gekratzt hat, von dem man ungefähr weiss, wo es her kommt und dessen Augen einen zudem nicht traurig anstarren können. Zumindest das eine. Um das andere kümmerte sich Felix Machete. Mit Nilos Hilfe und den Bildbeschreibungen des Buches immer daneben hingen wir Satan also in einer Baumgabel auf und zogen ihm das Fell ab. Das ist gar nicht so schwer, wenn man weiss, wie.



Danach gab es dann noch eine Unterrichtsstunde in Organkunde. Und am nächsten Tag ein Festessen mit Ensalada Russa, Reis, Kartoffeln, Yuka und natürlich Kaninchen aus dem Lehmofen. Das dünne Gerippe da in der Form tat einem schon irgendwie leid. Aber ich musste mich halb kaputt lachen, als Felix das mit dem Satansbraten auffiel. Und ja, ich habe auch mitgegessen. Drei winzigkleine Stückchen. Schliesslich musste ich ja nun auch zu meinem Wort stehen, das ich in so vielen Diskussionen mit Antivegetariern gegeben hatte. Danke, Samy.
Das war also das mit Satan. Weil wir dann aber fanden, dass Freya allein ein bisschen einsam ist in dem grossen Stall, kauften wir uns gleich am nächsten Wochenende zwei neue. Diesmal recht kleine. Gabriel mit ähnlicher Fellfärbung wie die Grosse und Kriemhild vom Mühlengrunde. Man braucht doch eine Quotenadelige und das passte irgendwie zu der Weissen mit hellbraunen Flecken.
An diesem Tag lernte Felix, dass die Brutalität der Kaninchenkämpfe in Watership Down nicht nur der Fantasie einiger kranker Kinderserienmacher entsprungen ist. Gabriel fehlte nämlich schon nach wenigen Stunden ein Stück Ohr und etwas Fell, was wohl auf Freyas Kappe ging. Frustrierender war aber noch, dass die Adelige auch nach einer halben Stunde Suchens noch nicht aufgetaucht war. Ich wähnte schon ein weiteres übersehenes klitzekleines Loch. Noch etwas unschöner wurde es aber am Abend… wir hatten uns nämlich leider etwas länger in der Küche verquatscht, und als wir gegen 10 die Kaninchen reinsetzten wollten, war von einem kleinen nur ein Bein und der Magen zu finden. Zumindest das, was davon übrig war, nachdem Felix reintrat. Merkwürdigerweise war das Fell am Bein ziemlich weiss. Gabriel hatte zwar weisse stellen, aber ein ganzes Bein? Nunja, muss wohl, denn kurz darauf erschreckte uns Kriemhild höllisch, als sie durch den Käfig hoppelte. Sie hatte noch alle Beine und nur eine kleine Fleischwunde am Rücken. Schon alles ziemlich unheimlich. Und mal wieder war das Weibchen intelligenter. Nunja, egal. Auf die passten wir dann die nächsten Tage besser auf, die Wunde wurde mit Schwedenkräutern versorgt und sie schlief bei uns in den Zimmern, bis wir auch für sie eine alte Kiste recycled und ein Stück Käfig abgetrennt hatten. Das mit dem Verschwinden und an anderer Stelle wieder auftauchen schaffte sie danach übrigens nochmals… Wir gingen übrigens mal davon aus, dass Freya nicht dazu in der lage war, ein Kaninchen bis auf den Magen aufzufressen und beschuldigten wieder den Kater. Ach war das noch schön, als die Kaninchen aus offenkundig ersichtlichen Gründen starben. Wir investierten noch ein bisschen mehr Energie und Zeit und setzten auf den Zaun eine weitere Etage drauf.

Jetzt sollte der Kater es noch mal versuchen…
Tat er nicht. Kurz darauf war das weisse Kaninchen nämlich nochmals entschwunden, als ich morgens die Tür des Häusschens öffnete. Allerdings nicht körperlich. Keine Ahung, woran das gestorben sein könnte. Und als Felix dann abends das letzte, erste und älteste Kaninchen reinsetzen wollte, da war auch Freya entschlafen… Da waren wir dann irgendwie lustlos und zu faul, noch Löcher zu graben. Ganz kindisch schmissen wir sie ins Gebüsch. Natürlich fand der Hund eins und das Knochenknacken und der Geruch verfolgten Felix noch eine Weile. Mich nicht, ich hatte mal wieder die Nase zu.
Ich denke, wir sind beide sehr froh, dass wir jetzt erst mal unterwegs sind und uns nicht mit dem lehren Hochsicherheitskäfig auseinandersetzten müssen. Das Ecocentro ist ein Paradies, vor allem wenn man es von unserer Dusche aus betrachtet, die schon von mehreren Besuchern zur schönsten Perús gekürt würde, doch für einige Tiere ist das hier wohl nicht der rechte Fleck. Naja, denken wir lieber an die schönen Sachen. Hier noch ein paar Bilder von unserer Dusche.


An sonsten hatten wir noch wieder Besuch von Herwald von der finanzierenden Organisation in Deutschland. Dieses mal hatten wir richtig geackert auf Chacra und Gelände und so war er auch einigermassen zufrieden (Die Chacra sieht jetzt übrigens tatsächlich klasse aus, werde unter die Chacra bald mal ein paar Bilder rein stellen). Bei seinem letzten Besuch hier im Dezember war ja alles gerade ein wenig chaotisch. Ausserdem hatte ich auch endlich mal die Gelegenheit, mich ein bisschen mit ihm über ökologische Landwirtschaft in den Tropen zu unterhalten und dies verschaffte mir ganz neue Eindrücke und Erkenntnisse.
An sonsten verbrachten wir die Zeit wohl in halbwegs froher Erwartung unserer Familien, wovon ihr dann beim nächsten mal lest.
Für das Exotarium ist mir auch noch so gerade etwas eingefallen, und zwar diese Bromelienverwandte hier:

Von denen gibt es zig verschiedene Ausführungen in beispielsweise der Grössse – von dreissig Zentimetern bis 1,5 Metern in der Horizontalen -, der Farbe der Blätter und auch der Stachelbewertheit. Alle haben sie aber gemeinsam, dass sie das Regenwasser mithilfe der Blätter in ihrem, Zentrum sammeln und davon dann auch in trockeneren Zeiten zehren können. Wer ein guter Beobachter ist, hat auch schon erkannt, welchen Teil man in der Regel verzehrt: Die Ananasfrucht.

Abgesehen davon, dass diese grossen Früchte sehr lecker sind, sind sie auch noch sehr gesund. Auch soll sie beim Abnehmen Wunder wirken, das dürfte allerdings eher auf die entwässernde Eigenschaft zurückzuführen sein. Den Strunk oben an der Frucht (ebenso wie die Ableger) kann man zur Anzucht benutzen, wenn man ihn sauber vom Fruchtfleisch befreit und zwei Zentimeter in Erde eingräbt. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass das sogar in Deutschland recht gut klappt, nur danach wird es mit dem am Leben erhalten etwas schwierig mangels eines Tropenhauses.
Wem irgendwann mal eine Bioananas in die Hand fallen sollte, kann ein leckeres Erfischungsgetränk herstellen, indem er die Schale ungefähr 10 Minuten in Wasser auskocht und dann abkühlen lässt. Schale abseihen und fertig, braucht nichtmal Zucker.
Bei dem Bild handelt es sich übrigens um eine Zwergananas, aber das ist wahrscheinlich keinem aufgefallen, oder?
So, das wars schon wieder. Das nächste mal hört ihr von mir wohl so in ungefähr einem Monat, dann gibt es wieder ein Urlaubsspecial.
Lieben Gruss bis dahin!