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Eine Odyssee – auf Umwegen nach Deutschland


2012
08.05

Meine vorerst letzte Reise in diesem vielfältigen Land. Und sie macht dem Titel alle Ehre, ich fühlte mich die ersten zwei Wochen tatsächlich wie auf einer Odyssee.
Es ging los am Sonntag, dem 15. Juli, an dem ich abends mit meinen vier Gepäckstücken in den Bus nach Cusco stieg. Ja, mal wieder Cusco, dabei muss ich zugeben, dass mich diese Stadt mittlerweile schon ein bisschen langweilt, so schön sie auch ist. Aber dieses mal war ich ja nur auf der Durchreise. Und noch besser: mit guter Begleitung. Dort am Plaza wartete nämlich schon Sebastián auf mich, mit dem ich den Tripp machen wollte. Ziel: der Weg. Endpunkt: Machu Picchu. Ja, ich bin tatsächlich hin. Jetzt kann ich bei der ewig gleichen Frage nicht mehr cool sagen “ne, fand ich langweilig, das Land hat mehr zu bieten als ein paar Steine”. Aber bereuen tu ich es trotzdem nicht.
Zunächst war ich mal überglücklich 75 % meines Gepäcks sicher einzuschliessen, denn wir packten natürlich nur den Kram zusammen, den wir für die Reise brauchen würden. Das war ein bisschen langwierig, sodass ich die Gelegenheit nutze mein Versäumniss vom letzten Mal nachzuholen und euch diesmal mehr als nur die Haare vom Sevas vorstelle:

Hach, ist er nicht ein hübscher? Aber weiter im Text. Als wir dann irgendwann endlich fertig waren kauften wir auf dem Markt noch etwas Proviant ein: Brot, Käse, etwas Obst, scharfen Ají für Sevas („meine Mama sagt, ein Essen ohne scharf ist kein richtiges Essen“) und anderes Gemüse. Dann nahmen wir zunächst mal einen Kleinbus in das Dorf/Städtchen Tarapoto, von dort noch mal einen nach Ollantaytambo und dann gings mit einem Kombi über die Dörfer bis zur Endstation am km 82. Da waren wir ungefähr gegen drei nachmittags uns von dort ging dann die eigentliche Reise los. Ich nenne hier mal nicht die Route, die als Geheimtipp unter Hippies und Abenteuertreckern allgemein bekannt ist, aber ich denke, dieses Foto hier spricht Bände.

Auf dem Weg begegneten wir bald einem Dreiertrüppchen aus zwei Latinamädels und einem schwedischem Cousin, mit denen wir den ersten Tag wanderten. Trotz des kräftigen Windes war es schön, denn man lief sich warm und die Natur mit dem ewig rauschendem Fluss neben einem war atemberaubend. Dabei kam der schönste Teil erst noch. Gegen sieben abends kamen wir am km 94 an, wo es ein paar Unterstände gab und man gut die Nacht verbringen konnte. Wir verabschiedeten uns von den Anderen, weil die aus Zeitmangel die Nacht durchlaufen wollten. Doch wir sollten ihnen noch mehrere Male begegnen. Die Nacht war tatsächlich trotz Schlafsack, Decke und Wollsachen etwas kühl. Gegen morgen wehte uns dann noch ein feiner Nieselregen ins Gesicht, sodass wir uns entschieden, lieber gleich aufzubrechen und uns warmzulaufen. Doch wir kamen nicht weit. Nach ein paar Metern schon hielt uns ein kleines gelbes Schienenwägelchen an. Den zwei Arbeitern waren wir wohl symphatisch, denn sie wollten uns trotz Verbots ein paar Kilometer mitnehmen. Ein weilchen später liefen wir dann am km 106 beglückt durch den grünen Bergregenwald, der hier auf grund des feuchteren Klimas wuchs. Als die Sonne es dann über die hohen Gipfel schaffte, nahmen wir an einem Felsen ein köstliches Frühstück ein und lauschten dem tosenden Fluss unter uns zu dem wir ein paar 100 Meter weiter auch runtersteigen konnten, um uns zu waschen.

Hier vertrödelten wir Stunden, ich hatte fast gar keine Lust noch weiter zu gehen. So kamen wir erst gegen Mittag am km 110 an, wo Aguas Calientes liegt, der Vorort zu den Ruinen. Zunächst schauten wir mal nach den Tickets. Da viel Sevas auf einmal auf, dass er gar keine Lust hatte, sich noch einmal Mapi anzuschauen. Das letzte Mal war er mit seiner grossen Liebe hoch und ausserdem war er zu faul, um zwei Uhr nachts aufzustehen. Da verliess mich auch schon ein bisschen die Lust, doch dank meines Freiwilligenausweises bekam ich die Karte für den Peruaner-Eintrittspreis, rund die hälfte des Touripreises. So machte ich mich am nächsten Morgen dann doch gegen halb sechs an den 1 ½ stündigen Anstieg zu den Steinen. Oben sah ich dann erst mal… nichts. Die Spitze lag im tiefsten Nebel. Irgendwann tauchten dann die ersten Steinmauern auf. Und unglaublich viele Menschenhaufen, mit ununterbrochen redenden Herdenführern an der Spitze. Ich streifte ein weilchen durch die Überreste von Feldern, Wohnhäusern und Tempeln und lauschte den Guids. Belustigt stellte ich fest, dass sie sich wiedersprachen. Die meisten erzählten, die Inka hätten nasses Holz zum spalten der gigantischen Felsblöcke benutzt, an anderer Stelle wurde diese Technik als rein ägyptisch abgetan während die Inca mit sehr hartem Gestein arbeiteten.
Die Bauten an sich waren jedoch schon teilweise recht beeindruckend. Genau wie die kleinen Ruinen, die wir am Wegesrand gesehen hatten. Naja, ich schreibe mal nicht weiter, schliesslich will ich dieses Weltwunder niemandem mies reden. Vielleicht hat es mich einfach wegen dem Wirbel darum und den ganzen anderen Menschen nicht so berührt, obwohl ich es natürlich allen Reisenden gönne. Ich fühlte mich einfach wie an einem toten Ort, an den ich nicht gehöre. Irgendwann stieg ich zum höchsten kostenfreien Punkt des Berges auf, um auf das Aufklaren zu Warten und das obligatorische Gesamtüberblicksfoto zu schiessen. Ich erspare es euch an dieser Stelle, da man es in jedem drittklassigen Südamerikabildband findet.
Der Abstieg, diesmal im hellen, war wieder wirklich sehenswert Mit Orchideenblüten und zwitschernden Vögeln und den grünen Bergen im Hintergrund. Gegen halb 12 war ich unten, wo Sevas auf mich wartete. Wir assen zu Mittag, besorgten noch etwas neuen Proviant und machten uns an die 28 km Rückweg. Die wir diesmal alle aus eigener Kraft bewältigten. Gegen abend waren wir wieder am km 94, wo wir uns diesmal eine etwas geschlossenere Hütte aussuchten und so auch nicht so arg frohren. Gemütlich und erhohlt machten wir uns am nächsten Morgen an den Rückweg und waren am Nachmittag wieder in Cusco.
Das war also die erste Etappe meiner Heimreise mit Umwegen. Jetzt hätte noch ein zwei Tage chillen und dann schön gemütlich ins zwar winterliche aber (nicht zu letzt auch dank Klimawandel) erträgliche Lima fahren können.
Aber nein, ich dumme musste natürlich umbedingt ein Versprechen abgeben, mich vorher noch in La Paz, der Hauptstadt Boliviens blicken zu lassen. Dort fand nämlich eine Capoeira-Veranstaltung statt und Ninja sollte dort vom grossen Obermeister Suassuna sein nächstes Band verliehen bekommen. So fuhr ich von Cusco über Nacht nach Puno, zum Titicaca-see. Dort war dann leider erst mal Endstation, weil Strecke nach La Paz wegen Streiks dicht war. So hing ich 24 Stunden sinnlos an diesem kalten Flecken rum. Am nächsten Tag gab es dann zwar Busse nach La Paz, die fuhren aber anscheinend immer noch Umwege, sodass ich statt 4-5 8 Stunden brauchte und mehrmals umsteigen musste. In La Paz kam ich totmüde an. Dort verbrachte ich dann zwei Nächte und einen Tag, war aber zu kaputt um mir viel mehr als die Capoeiraveranstaltung und das Kino zu besuchen. War aber beides ganz schön. Und ratet mal, was wir uns angeschaut haben XD

Am Montag morgen ging es dann zurück, diesmal etwas schneller mit einzelnen Kombibussen. Brachte mir aber trotzdem nichts, als ich nämlich in Puno ankam, stellte ich nämlich fest, dass die Frau, die mir angeboten hatte, mein Gepäck in ihrem Büro im Busterminal einzuschliessen, und der ich mehrmals gesagt hatte, dass ich am Montag wieder komme und weiter will, verreist war. Und es gab natürlich auch niemanden mit Ersatzschlüssel. So konnte ich nicht wie geplant schnell meinen Kram abholen und durch nach Lima, sondern musste geschlagene zwei Stunden warten. Als die Gute dann endlich da war, gab es keinen Direktbus nach Lima mehr. So stieg ich in den nächsten Bus nach Arequipa. Auf dem Weg gab es dann noch eine kleine Verzögerung, weil die Herren von der Gepäckkontrolle nicht wussten, was ein Tampon ist. Davon hatte ich nämlich noch einige übrig gehabt und war auf die Idee gekommen, die als Polsterung in die Enden des Rohrs zu stopfen, in dem ich diverse lange Gegenstände wie einen Bogen mitschleppe. Blöde Idee.
Naja, irgendwann kam ich dann endlich in Arequipa an und die Reise fing wieder an Spass zu machen. Nicht nur, dass meine Migräne nachliess, die ich wohl wegen der Höhe schon seit La Paz mit mir rumschleppte, im Busterminal wurde ich auch von einem strahlenden Sebastián empfangen. Der war nämlich nach unserer Trennung nach Arequipa gefahren, um ein bisschen Geld für die Weiterreise nach Lima zu verdienen. Ein glücklicher Zufall, denn das war ja auch mein Ziel und zu zweit reist es sich einfach schöner und entspannter. Wir setzten uns also in einen der nächsten Busse nach Lima und ich konnte endlich ein bisschen relaxen. In Lima kamen wir dann für eine Nacht beim Bene unter, ein lieber Mitfreiwilliger, der dort bei Adecap arbeitet.
Als wir abends raus gingen, um uns ein bisschen das Nachtleben Limas anzuschauen, hatte ich auch die Ehre, Sebastians kleinen Bruder Frank kennenzulernen, der dort studiert und Koch lernt. Was für eine Seele! Ich hatte ihn gleich ins Herz geschlossen und er versprach mir, mir in den letzten 24 Stunden, die ich noch in Lima vor mir habe, etwas herrliches Vegetarisches zu kochen. Ich freu mich drauf XD

Am Tag darauf hiess es dann leider schon wieder abschied nehmen und ich setzte mich in den Flieger nach Iquitos, wo ich erst mal eine Weile brauchte, mich von dieser Odyssee zu erhohlen. Aber nun geniesse ich die Tage, obwohl es tatsächlich nun in der Trockenzeit fast unerträglich warm geworden ist in diesem Betonlabyrinth, sogar für mich. Deswegen verbringe ich nicht die ganze Zeit hier hin der Stadt, sondern mache mich auch mal ins Grüne auf.
Dieses Foto entstanden zum Beispiel auf der Rückreise von einem kleinen Dorf namens Pevas, gelegen am Amazonas.

An sonsten passiert irgendwie nicht so richtig viel Spannendes, was noch umbedingt zu erzählen wäre.
Nun noch zwei Takte zur Avocado oder auch Butternuss, auch wenn mir die passenden Fotos gerade seperat von mir in Lima unterwegs sind. Tut mir leid, reiche sie nach…
Also: Dieses Lorbeergewächs findet hier einen ziemlich hohen Zuspruch, kann man doch praktisch überall neben den Broten mit Hühnchen, Ei oder Käse auch Brote mit Avocado und Salz finden. Im Nationalgericht Causa spielt diese tropische bis subtropische Frucht eine zentrale Rolle und in unserer Küche wurde sie des öffteren zu Sosse oder Salat mit Zwiebeln, Tomaten und Käse verwurschtelt. Süss schmeckt sie mir aber auch ganz gut, mit etwas Zucker und Limonensaft kommt der butterige Geschmack voll zur Geltung. Man sollte allerdings nicht zu viel davon geniessen, sonst wird die Verdauung lahm. Trotzdem enthält das Früchtchen aber noch einiges Gutes. Nähere Infos dazu wie immer auf Wikipedia.
Hiermit verabschiede ich mich also. Tja, gerade kann ich nur sagen, dass ich mich schon sehr darauf freue, euch bald alle wieder zu sehen, mache mich jetzt aber auf, wehmütig eine meiner letzten Aguajinas zu trinken.
Liebste Grüsse aus dem Amazonasdelta!

Der vorerst vorletzte Blogeintrag


2012
07.09

So, dem einen oder anderen mag das jetzt etwas verfrüht vorkommen, aber wenn man mal so nachrechnet, ist es wirklich nicht mehr lang und den letzten Monat werde ich beim Reisen wohl kaum zum schreiben kommen. Verbrate nämlich noch meine letzten Ferientage und ein paar, die uns der Luis geschenkt hat (vielen Dank an dieser Stelle!).
Muss nur leider sagen, dass jetzt nicht so richtig viel passiert ist. In Sachen Arbeit war ich wohl am meisten damit beschäftigt, Schilder für die Nutzpflanzen in unserem kleinen Naturwald zu machen. Das hiess also alles schön abtippen (natürlich mit lateinischem Namen und Gebrauch), ausdrucken, zurechtschneiden, die Plastikhüllen dafür zurechtschneiden, alles zusammenfügen und dann jedes einzeln 4 mal pro Seite einschweissen. Ja, ich war glücklich, als ich fertig war. Aber ich finde, es hat sich gelohnt und ich hoffe nur, dass es auch ein weilchen hält.
Das letzte Wochenende im Juni war ich noch mal in Cusco, obwohl es mich ehrlich gesagt schon ziemlich langweilt und das Klima mir auch überhaupt nicht passt. Wir hatten verlängertes Wochenende und in Puerto hätte ich mich ganz allein gelangweilt. Deshalb machte ich noch etwas, was ich vorher lange im Kopf, dann aber schon fast aufgegeben hatte. Ich habe mir vom Aussichtspunkt Tres Cruces den Sonnenaufgang angeschaut. Die Fahrt dort hin ist nur in diesem Monat lohnenswert, weil er sonst meist von Wolken eingehüllt ist. Und er liegt einige Kilometer vom Eingang zum Nationalpark entfernt und ist dementsprechend schön aber auch schwer zu erreichen. Dies merkte ich gleich in Cusco, als ich mich informieren wollte: Keine wusste etwas genaues, aber alle etwas Unterschiedliches.
Bin dann irgendwann auf gut Glück mit dem Strassenkleinbuss ins 2 1/2 Stunden entfernte Paucartambo gefahren. Hier wurde mir dann gesagt, dass es tatsächlich die möglichkeit gibt, nachts um drei hoch zu fahren und dann das Schauspiel zu betrachten, was allerdings für einen allein umgerechnet rund 36 Euro kostet. Habe dann stunden gehofft, dass vielleicht noch wer kommt, aber alle sind mit vollgepackten Privatautos gefahren. Überlegte schon einen Tag zu warten, ein Zelt auszuleihen und dort dann die ganze Nacht zu verbringen, doch die Hostalbesitzer redeten mir das wegen der Kälte und den fehlenden Fahrmöglichkeiten aus. So nahm ich also tatsächlich das Taxi und brachte mich wohl teuer um ein Abenteuer. Dort standen nämlich tatsächlich ein paar Zelte, und sogar ein deutsches Pärchen war da und zeigte mir bilder vom spektakulären Sonnenuntergang. Nun ja, dafür habe ich nicht so lange gefrohren. Jetzt aber zum Sonnenaufgang. Der liess ziemlich lang auf sich warten, da ich schon gegen zwanzig vor 5 da war und die eigentliche scheibe erst gegen 6 über den Rand der Welt lugte. Aber davor die Zeit war auch echt schön! Wie aus der völligen Finsterniss plötzlich ein silbriger Streifen auftaucht… ich habe gefühle 100 Fotos gemacht mit allen möglichen Einstellungen um mir die Zeit zu vertreiben (so hab ich das eine oder andere dazu gelernt). Die Wolkenberge unter einem waren auch ziemlich beeindruckend, wirklich majestätisch alles in allem, obwohl das selbst bei der besten Kameraeinstellung nicht richtig rüber kommt. Der Himmel wurde bald strahlend golden und es war tatsächlich schon fast hell. Als die Sonne dann tatsächlich kam, konnte man das Licht kaum länger als ein paar Sekunden ertragen. Länger brauchte die Scheibe aber auch nicht, um sich über den Horizont zu schieben. Schön war es wohl.. Seht selbst.

Zurück in Paucartambo haute ich mich noch ein weilchen hin, frühstückte und machte ich dann recht fix auf den Weg zurück nach Cusco. Paucartambo ist recht hübsch, aber auch sehr klein.

Ein anderes kleines Highlight war das hier:

Nein, dass sind keine Betonklötze, das ist rund 24 Stunden alte Seife. Die haben wir selbst gemacht zusammen mit unseren Nachbarn, und zwar aus einem Haufen übriggebliebenen Fetten, wie zum Beispiel ranzigem Paranussöl und Sesam-karottenöl. Schon eine spannende Sache, das Seife machen, und wir hatten unsere Nachbarn deswegen schon länger belagert. Aber es kam ihnen auch gelegen, da sie Anschauungsmaterial für ihren Seifenkurs in ein paar Tagen brauchten. Was mich auch zu den Kursen führt, die hier neu eingeführt wurde. Das Ecocentro versucht nämlich nun ungefähr jeden Monat eine Art Informationstag zu veranstalten. Vor ein paar Wochen war schon einer in ökologischer Gemüsewirtschaft. Leider wurde Puerto ausgerechnet an diesem Tag von einer ungemütlichen Friaje heimgesucht, weswegen nicht viele kamen. Aber es war trotzdem spannend. Allgemein ist jetzt plötzlich irgendwie mehr los hier in unserem Projekt. Auch die Schule Potsiwa, in der wir lange Zeit mithalfen, kommt nun ein mal die Woche vorbei, um mit den Kindern einen kleinen Biogemüsegarten zu machen. Irgendwie schade, dass das alles erst jetzt am Ende unseres Aufenthaltes geschieht…

Auch sind wir derzeitig sehr damit beschäftigt, das ganze Gelände aufzuräumen. Die letzte Woche bauten wir mit viel Aufwand ein neues Dach für unseren Lehmofen. Das hatte beim letzten Sturm endgültig den Geist aufgegeben und ausserdem hatte uns jemand einen Räucherofen übertragen, der auch ein Dach brauchte. Problem nur: Lehmofen vielleicht 1,20 hoch, Räucherofen 2,80. Lösung: Altes Brunnenloch leerschöpfen, einreissen, halb zukippen und Räucherofen rein. Und dann ein Riesendach drüber, unter das nun auch noch super viel Feuerholz passt.

Das mit dem Feuerholz glaubt ihr nicht? Naja, wartet erst mal ab, bis da die zweite Etage eingezogen ist…

Nun der Grund, warum ich mir eigentlich überhaupt die Mühe dieses Eintrags mache: Ich finde, dass ist nun die perfekte Stelle, für ein paar fiese Sachen, die so im Rest des Jahres angefallen sind und die ich dann doch lieber nicht so rumposaunen wollte, um keine Panik auszulösen. Dabei sind da schöne und im grossen und ganzen ziemlich unspektakuläre Sachen dabei gewesen. Und das natürlich schön bildlich dokumentiert, vor allem Felix hat da ja einen Hang zu XD
Also fange ich mal mit meinem persönlichen Fluch an, dem Isango. Das ist das kleinste und ätzendste Insekt, dass ich kenne. Ein winzigkleines rotes Pünktchen, dass sich ins Fleisch frisst und Blut saugt. Und höllisch juckt! Ich hatte noch nicht mal bemerkt, was das eigentlich ist, als es mir schon die kuschelig warmen und weichen Kniekehlen zerfressen hatte.
Danach kamen dann ein paar ziemlich possierliche Tieren, die sich Sandflöhe nennen. Die haben so eine Angewohnheit einem ihre Eier unterzujubeln, bevorzugt an den Füssen. Obwohl ich ständig barfuss laufe, hatte ich eigentlich nicht viele Parasiten. Felix Zeh sah dafür ziemlich spektakulär aus:

Aber keine Panik, es sieht schlimmer aus, als es eigentlich ist. Die Viecher scheinen nämlich irgendetwas Betäubendes abzusondern, sodass man beim rumpulen überhaupt nichts merkt. Und mit ein paar Litern Schwedenkräuter war der Zeh dann wieder wie neu. Unschöner waren die Münzgrossen Madennester, die ich bei vielen Hunden gesehen habe. Bei unserer Dina begossen wir das Luftloch des Parasiten mit Benzin. Ein paar Stunden weiter kam bei kräftigem Druck eine dicke Made zum vorscheinen. Nach dem Motto „fressen oder gefressen werden“ Freute Dina sich über diesen kleinen Snack.
Viel unexotischerer Natur war meine Verbrennung an der Wade. Sagen wir, mein Lernprozess „niemals rechts auf ein Motorad auf- oder davon absteigen“ war recht intensiv. Und weil sich hier ja einfach alles entzündet sah das ganze nach ein paar Tagen dann so aus:

Am meisten vermisste ich es in dieser Zeit, mich gemütlich in den Schneidersitz zu setzen.
Wesentlich harmloser waren die vielen kleinen Verletzungen, die man sich bei der Arbeit zuzieht. Die muss man mit Humor nehmen. Ich werde nie vergessen, wie Felix sich mit der Machete das Fleisch am Fingerknöchel aufhackte und sich mit dem hervorschiessenden Blut erst mal Kriegsbemalung ins Gesicht malte. Bei dieser kleinen Handverletzung hier weiss ich nicht mal mehr, was passiert ist, wird also nichts Grosses gewesen sein. Sieht aber trotzdem schön aus.

Und zu guter letzt noch mal mein wunderschönes Antlitz nach unserem kleinen Bienenunfall auf der Chacra. Man beachte das rechte Auge.

So viel also zu den kleinen Lapalien hier im Regenwald. So spektakuläre Geschichten wie Penisfische sind mir nicht begegnet. Aber wer weiss, vermutlich liesse sich diese Reihe hier mit der Zeit noch Seitenweise fortführen…
Nun zum exotischen Grünzeugs. Hm… hatte ich schon über Zitrusfrüchte referiert? Davon gibt es hier unglaublich viele. Von den meisten habe ich noch nie etwas gehört, geschweigedenn, dass ich sie unterscheiden könnte… Wo bitte ist der unterschied Toronjas und unseren komischen grossen gelben schrumpeligen milden Limonen? Die Limonen sind wohl der wichtigste Vertreter diesre Pflanzengruppe und lassen sich aus der peruanischen Küche nicht weckdenken. Umso witziger finde ich es deswegen, dass die Menschen hier keine Zitronen kennen. Gekommen bin ich auf die Zitrusfrüchte übrigens, weil wir uns derzeitig ständig den bauch mit unseren eigenen köstlichen Orangen vollschlagen.

Die sind allerdings nicht, wie ihr jetzt im Kopf haben werdet, schön knallorange gefärbt, sondern eher grün bis kräftig zitronengelb. Auch die einheimischen Klementinen und Mandarinen (die ich schon in Deutschland nie auseinanderhalten konnte) schmecken in ihren grün-orange-Tönen vorzüglich, obwohl es auf dem Markt auch die von weiter weg eingeführten knallorangen Formen gibt. Meine Theorie dazu ist ja, dass sich die fürs Auge schön Farbenfroh gezüchteten Früchtchen besser verkaufen lassen, bin aber noch nicht dazu gekommen, diese These zu überprüfen.

Abgesehen davon ist vielleicht noch gut zu wissen, dass Zitrusholz unglaublich hart ist, sich also tolle Sachen damit anstellen lassen, und man aus den Blättern einen herrlichen, mild zitronigen Tee kochen kann. Eine super alternative zu den Teebeuteln, die hier eh ständig verschimmeln.
Hiermit habe ich dann wohl wieder meine Pflicht getan (wenn auch vielleicht nicht so verwöhnend umfangreich) und wünsche euch noch eine schöne Zeit. Mein letzter Blogeintrag geht dann wohl von zu Hause raus und ich hoffe, dass ich den einen oder anderen dann schon wieder in seiner physikalisch greifbaren Molekülhaufenform wiedergesehen habe, zumindest falls ich nicht den ganzen Tag bibbernd im Bett liege.
Bis dahin, liebe Grüsse!

Ein Logbucheintrag zum Essen, Teil III


2012
04.11

So, endlich geschafft. Wünsche euch viel Spass beim Lesen und bis zum nächsten Mal.

  • Die Restaurants

  • Natürlich kann man auch richtig essen gehen. Neben den vielen grösseren und kleineren Lokalen gibt es auch Kochnischen und Marktstände, wo man landestypische Kost kriegen kann. Ein Gericht, das man auf fast jeder Karte findet, ist zum Beispiel „A lo Pobre – für den Armen“. Der arme Arme, der das alles Essen muss.

    Eher was für mich ist „Arroz a la Cubana“, das ist wie der Name schon sagt vor allem Reis. Dazu dann ein oder zwei Eier, ein paar Streifen Kochbanane und manchmal noch irgendeine andere kleine Beilage und kein bisschen Fleisch – Super!

    Recht lecker (wenn denn mal vegetarisch) ist auch Juane, in Bananenblätter eingewickelter Reis mit gelben Gewürzen, Yuka, Ei, Oliven, Hühnerfleisch… Der Name kommt laut Juan von einem Feiertag namens San Juan, an dem traditionell dieses Gericht gegessen wird. Die etwas kleinere Päckchenausführung eher für die Hand besteht aus Maisbrei in Maiskolbenblättern. Schimpft sich dann Tamales. Ausser es ist süss, dann heisst es Huminta. Aber das nur nebenbei.

    Es gibt noch viele andere Gerichte und jedes Gebiet, ja jede Stadt hat seine eigene Spezialität, aber das würde hier jetzt den Rahmen sprengen…
    Nun zu den anderen Restauranttypen, z.B. Pollerías. Wie der Name schon sagt (pollo -> span. Hühnchen) gibt es hier alle möglichen Gerichte mit Hühnchen und viel Reis, aber auch ein Salat lässt sich hier auftreiben. Und natürlich hat nicht nur der Reis allein einzug in die peruanische Esskultur gehalten. Chinarestaurants heissen hier Chifas und da gibt es neben dem wohl bekanntesten Gericht Arroz Chaufa (Reis mit Hühnchen, Sojasauce und Gemüse, Arroz -> Reis)auch noch viele andere Sachen, die aber allesamt nicht so recht dem ähneln, was es in deutschen Chinarestaurants gibt. Ähnlich verhält es sich mit den Pizzerien. Die Meinungen gingen unter den Freiwilligen unserer Gruppe auseinander, ob die Pizza von hier denn nun geniessbar sei oder nicht. Hier bei uns in Puerto finde ich sie durchaus lecker so aus dem Lehmofen jedoch etwas mächtig mit dem ganzen Käse drauf und natürlich den geilen Sossen. Hier wird Pizza nämlich immer mit Sossen gereicht, meist etwas in Richtung Knoblauchmayonaise und ein scharfes Ají. Aber zum Glück ist Pizza ja schon alleine wegen dem Geldbeutel nichts für jeden Tag. Ja, bei den Solespreisen wird man schon irgendwie geizig, da sind 7 Euro für eine grosse Pizza viel. Was werden wir alle stöhnen, wenn wir wieder in Deutschland sind… Tja, und dann gibt es ja noch die merkwürdigerweise gar nicht ganz so seltenen Vegetarier. Dort kriegt man mittags ein ganz gutes Menü mit viel Gemüse und Vollwertgetreide (Ninjas Kommentar dazu einmal: „Als ich das erste mal hier gegessen habe, dachte ich, sie hätten den Reis nicht richtig gewaschen“) und je nach dem auch leckere Snacks Abendessen. Eigentlich schon merkwürdig, denn Vegetarismus ist hier keine weit verbreitete Krankheit. Meistens werden die Läden von irgendwelchen christlichen Sektenmitgliedern geführt…

  • Nicht zu vergessen: die alkoholischen Getränke
  • Am meisten konsumiert wird wohl Bier. Und da ist eine Sorte allzeit präsent: Cusqueña(hehe, der Vorteil einer spanischen Tastatur – eine extra Taste für das blöde Ñ 🙂 kommt aus Cusco, wie der Name schon sagt. Arequipeña ist dann logischerweise aus Arequipa.

    Ich muss euch leider enttäuschen, vom Bier habe ich nicht ganz so viel Ahnung, war ja noch nie so ganz meins. Das einzige,was man wirklich gut trinken kann ist Cusqueña Malta mit Honig, vielleicht zu vergleichen mit einer Kreuzung von Odins und Malzbier. Ach ja, und Ponche de Malta ist auch recht gut, obwohl ich es nicht mehr wirklich zu den alkoholischen Getränken zählen würde. Ein Gebräu aus Milch, Ei, Banane, Malta und noch einigen anderen Sachen.
    Pisco Sour und seine Brüder: Pisco ist ein Traubenschnaps, der angeblich aus Pisco kommt. (Wie auch in einigen anderen Punkten streiten die Peruaner sich bei der Herkunft des Pisco mit den Chilenen. Am besten immer dem zustimmen, in dessen Land man sich gerade aufhält.) Für Pisco Sour wird er soweit ich weiss mit Limonsaft, Zucker und Eiweissschaum zubereitet. Ansonsten gibt es natürllich auch noch einige andere Coctails, in denen er Verwendung findet. Ich bin meist nicht sooo der Freund davon, jedem das seine.
    Die Weine, die ich bisher probiert habe waren alle samt sehr süss und ich hätte sie nicht umbedingt als Wein bezeichnet, wenn es nicht auf der Flasche gestanden hätte. Hat mich persönlich jetzt nicht so gestört, im Gegenteil. Was ich auch sehr trinkbar finde, ist die hiesige Sangria. Kommt zwar vermutlich auch in den Bars einfach aus dem Tetrapack, mit den kleinen Apfel-, Ananas- und Bananenstückchen drin schmeckt es aber noch mal um längen besser.
    An sonsten ist die Zahl der alkoholischen Getränke, die abends in den Bars ausgeschenkt werden, wohl nicht weniger vielfältig als bei uns. Viele Spirituosen – vor allem die, die man zum Coctails mischen braucht – sind sogar identisch.
    Und wir Deutschen?
    Tja, und was essen Felix und ich eigentlich an sonsten so, wenn uns kein Peruaner über die Schulter schaut? Irgendwie war das von Anfang an so eine Kombination aus deutschem Essstil mit peruanischen Zutaten und immer wieder neuen Anregungen. Allerdings scheint das P mittlerweile überhand zu nehmen… Zutaten wie Zwiebeln und Limonen gehen uns immer schneller aus (O-Ton Felix: „Ich habe noch nie so viele rohe Zwiebeln gegessen, wie in diesem Jahr“) und auch das dröge, relativ geschmacksarme Kohlenhydrat hängt uns noch nicht zum Halse heraus…

    „Du, ich hab heut irgendwie lust auf Reis…“

    „Okay… und dazu die Bohnen von Gestern… und der Kürbis, der muss weg“ (Mit Zwiebeln, versteht sich von selbst)

    „Klingt gut… Und danach dann Pfannekuchen“ (Felix Spezialität)

    „Mit den reifen Kochbananen… und Limonensaft…“

    „Joa, läuft.“

  • Fazit nach all dem Reden um den heissen Brei:
  • Es ist wirklich interessant, eine andere Esskultur kennenzulernen und immer wieder Neues zu entdecken, obwohl es natürlich auch anfangs sehr ungewohnt ist. Doch recht schnell werden Speisen, die man vorher nicht gekocht hätte, zu Selbstverständlichkeiten.
    Viele Zutaten und Gaumenfreuden, die bei uns selbstverständlich sind, bekommt man hier kaum oder gar nicht. Ich vermisse schon irgendwie die vielen tollen Kräuter der deutschen Küche, echte ungesalzene Butter, leckere Milch, den holländischen Gouda, den Met, ein bisschen vielleicht die Schokolade und die Kochkünste von meinem Papa.
    Wiederum anderes werde ich in Deutschland schmerzlich vermissen, weil sie, wenn man sie denn findet, teuer sind und einfach nicht genau so schmecken, wie das vielfältige, sonnengereifte, tropische Obst, die Kochbananen, den Yuca, die Zig Kartoffel- und Bohnensorten, überhaupt die vielen frischen Sachen, die man auf Markt und Feria so kaufen kann und die leckeren Schweinereien, die es immer und überall auf der Strasse gibt.
    Also, reisst bloss nicht in andere Länder! Das kann euren Zutatenhorrizont und eure Kochgewohnheiten bleibend schädigen!

    Ein Logbucheintrag zum Essen, Teil II


    2012
    04.05

    So, hier nun endlich der nächste Teil der Essensserie. Hoffe, ich langweile euch nicht. Aber wer nicht mag muss ja nicht lesen.

      Das Essen auf der Strasse

    Natürlich kochen wir aber nicht immer, manchmal ist man einfach faul. Und wenn man eh gerade unterwegs ist, kommt man gar nicht darum herum, von den vielfältigen Genüssen auf der Strasse zu kosten. (In dem Punkt haben wir uns von vornherein nicht an die gutgemeinten Ratschläge unserer Betreuer gehalten, richtig was eingefangen haben wir uns aber auch nicht.)
    Ich fange mal bei der Papa Revorsada an, weil man die einfach überall kriegt. Das ist eigentlich einfach nur eine mit Ei panierte und fritierte Kartoffel, zwischen deren zwei Hälften eine Scheibe Käse steckt. Am besten schmecken die abends, bei den Frauen mit den kleinen Grillwägelchen, wo sie noch mal aufgewärmt werden. Danach kommt dann Mayonaise und vor allem ganz viel Ají drauf.
    Bei diesen Grillwägelchen gibt es dann meist auch Anticucho, das ist Rinderfleisch am Spiess. Fragt mich nicht nach dem Geschmack.
    Dann kriegt man auch an allen Ecken belegte Brötchen, wahlweise mit Käse oder Ei oder Hühnchen und Salat. Die etwas dekadentere Version mit mehr als drei Zutaten und bei etwas Glück noch Kartoffelsticks als kleiner Kick, also das Sandwitch, heisst hier übrigens Sanguche, weil der Name des englischen Erfinders den Peruanern nicht so leicht über die Zunge will.
    Nicht zu vergessen sind auch die Empanadas – Teigtaschen, die wahlweise mit Käse oder einer Fleischmasse gefühllt sind. Da kommt dann natürlich auch Ají drauf.
    Weitere kleine Apetittchen sind gekochte Wachteleier, gekochter Maiskolben, Pijuayos (kartoffelartige Palmfrüchte), Reisbrot, gebratene Kochbananen, … Die Liste lässt sich beliebig fortführen.
    Die vielen süssen Teilchen, die es in den Bäckereien und von Verkaufswägelchen so zu kaufen gibt haben allesamt einen starken Geschmack nach süss und nichts anderem und sind daher aus meiner Sichtmit wenigen Ausnahmen eher etwas enttäuschend. Nur von Alfajor kann ich einfach nicht die Finger lassen. Zwei Teigscheiben aus gefühltem Nullermehl (weil super weich), zusammengeklebt mit Manjar blanco, einer Crème aus gekochter Milch und Zucker.

    Lecker sind auch die Picarones, fritierte Teigringe mit Honig, die man mit ein bisschen Glück an einem Strassenstand findet.
    Ansonsten gibt es für eine süsse Erfrischung noch die ganzen Eiswägelchen, die ausser Stiel- und Hörncheneis auch noch Marcianos verkaufen, praktisch Fruchtsaft in Tütchen eingefroren.

    Und dann gibt es noch Raspadilla, das mir vor allem in Lima am Strand gut schmeckt. Das ist geraspeltes Eis mit verschiedenem Sirup drüber.
    Noch was Wichtiges? Ach ja, ganz wichtig: ich habe hier noch nie süsses Popcorn gesehen. Es ist praktisch immer salzig. Schmeckt aber eigentlich ganz gut. Im Kino vermisst man dann zwar doch irgendwie das süsse Popcorn, aber zum Glück gibt es richtige Kinos ja nur in Lima.
    Und noch etwas ganz wichtiges, was es hier praktisch nicht gibt: Schokolade! Man findet zwar an jeder Ecke Süssigkeiten mit Schokolade, die sind aber alle samt super süss und enthalten nur ein Minimum an dem braunen Gold. Am meisten an Schokolade kommen noch die kleinen Sublimetäfelchen, die ein wenig an Blockschokolade mit ganz viel Zucker erinnern, richtige Schokoladentafeln habe ich ausser in Lima hier aber noch nicht gesehen.
    Allgemein sind Milchprodukte hier überhaupt nicht so der Renner. Man kriegt sie schon ganz frisch auf dem Markt, dann muss man sie aber noch abkochen und sie hat vermutlich durch den Melkvorgang im Stall irgendwie einen penetranten Geschmack nach Kuh. In Kaffee, Cacao und Milchreis kommt entweder Trocken- oder Dosenmilch. Richtige Butter hab ich hier noch nirgendwo gesehen, das was hier als Butter verkauft wird ist immer Pflanzlich und gesalzen. Auch die Sahne vermisse ich sehr. Die Geburtstagstorten würden nämlich viel besser schmecken, wenn da nicht immer diese ungeniessbar süsse Eischneemasse drauf wär.
    So, nun zu den Getränken, die dürfen ja beim Essen nicht fehlen. Das in der Welt wohl bekannteste Getränk Perús, ist wohl die Chicha Jora, die aus vergorenem Mais hergestellt wird. Sehr lecker und durch den (normalerweise, wenn ich nicht zu viel Zucker rein tue und sie nicht so lange steht) recht geringen Alkoholgehalt auch tagsüber gut trinkbar. Der Bruder von der Chicha ist das Masato aus vergorenem Yuca, was mich persönlich immer ein bisschen an flüssigen Yoghurt erinnert. Schmeckt auch gut. Beides sind allerdings eher Getränke aus der Sierra. Hier in der Selva spielt etwas ganz anderes für mich eine viel grössere Rolle: Die ganzen geilen Jugos, für die „Fruchtsaft“ einfach ein viel zu schnödes Wort ist. Banane, Papaya, Ananas, Mango und sonstiges Saisonobst wird gründlich im Mixxer pürriert, manchmal kombiniert oder einzeln, pur oder mit Zucker oderHonig oder Johannesbrotkernsirup auch mal mit roter Beete oder Limone oder Ei und wahlweise mit und ohne Milch. Das ganze ergibt dann ein richtig schön drabbiges Gemisch, von dem ein grosses Glas meist schon ziemlich satt macht. Es ist wirklich schade, dass diese ganzen Früchte in Deutschland nicht wachsen… Wenn man nicht gerade günstig an sowas dran kommt wird das daheim wohl eine Sache für Festtage bleiben.


    Ein anderes Getränk kann aber gerne mal jeder ausprobieren, der einen Mixxer hat und kein Problem mit rohen Eiern: Eine Limonade. Je nach Geschmack ein oder zwei Eiklar, den Saft von 2 bis 4 Limetten/Limonen und ein paar Löffel Zucker schön schaumig schlagen. Das dann mit kühlem Wasser aufgiessen, eventuell nachsüssen und vor dem Servieren noch mal mixxen. Eine Vitamin C reiche, cremige Erfrischung.

    Sonstige Durstlöscher sind hier Chicha Morada (aus dem schon erwähnten roten Mais), Cebada (aus gerösteter Gerste), Aguajina (etwas dickflüssiges Getränk aus einer Palmfrucht, unbeschreiblich und mein absoluter Favorit), frisch gepresster Orangensaft und stark verdünnte Fruchtsäfte von zum Beispiel Maracuya, Copuazú oder Cocona. Letztere wird übrigens als Selvatomate bezeichnet und ist, wie ich in Iquitos feststellen konnte, echt vielseitig. Dort ist nämlich statt dem Zwiebelsalat eine Sosse aus Cocona, Zwiebel und Ají gängig.

    Naja, und aus meiner sicht ein schwarzes Kapittel sind Gaseosas, die Softdrinks. Inkakola (ein gelbes und etwas nach Kaugummi schmeckendes Zeug), CocaCola und Co werden von von vielen Peruanern tatsächlich den anderen Erfrischungen vorgezogen…
    Morgens gibt es hier oft warme, dickflüssige Getränke, die sich super als Frühstück eignen. Auf der Feria trinke ich ritualmässig jedes mal Quinua, es gibt aber auch Chapo aus süssen Kochbananen und Maca, angeblich ein potenzförderndes Mittel aus irgendeiner Wurzel. Auch lecker sind trinkbare Versionen von Haferschleim oder geröstetem Weizenmehl, meist noch mit Zimt und Nelken verfeinert.

    (von Rechts unten nach links oben: Quinua, Chapo, Maca, belegte Brötchen mit Hühnchen/Fleisch/Käse/Ei, Gekochte Eier, Papa Revorsada, fritierte Empanadas und natürlich Mayonaise und Aji)

    So, nun habt ihrs bald geschafft, fehlt nur noch ein Teil, der nach Ostern kommt. Bis bald also!

    Ein Logbucheintrag zum Essen, Teil I


    2012
    03.30

    Lang schon habe ich es versprochen, nun halte ich es auch ein. Ein Eintrag über das Essen. Vielen Dank noch mal an Ruth, die mir Beine machte, indem sie schrieb, ich habe jetzt schon durch meine Berichte ein wenig Einfluss auf das Essverhalten ihrer Familie. Ich dachte mir: Wenn schon, dann richtig. So ist dann dieses etwas längere Text entstanden. Ich hoffe ihr seht es mir nach, dass ich ihn ein bisschen zerstückelt rein stelle, acht Seiten Text gehen ja noch, aber die Bilder sind doch ein paar mehr geworden. Leider konnte ich trotzdem nicht von allem Fotos auftreiben, aber Google oder Ecosia helfen neugierigen Lesern sicher weiter und wenn ich noch tolle Bilder finden sollte, reiche ich die nach.

    Nun also zum Essen. Ich sage aber gleich: Die Peruanische Küche ist viel zu gross und zu vielfältig, als dass ich sie in meiner kleinen Abhandlung im ganzen erfassen könnte. Ich schildere also in erster Linie meine eher subjektiven (und vor allem vegetarischen… tut mir leid, Freunde) Eindrücke und das, was hier in unserer Region so auf den Teller (und ins Glas) kommt.

    Nun gut, auf den ersten Biss wirkt das Essen gar nicht so vielfälltig. Viele Kohlenhydrate – Reis, Kartoffeln, Nudeln,Reis, Reis, Mais, Getreide, Reis undnatürlich hier bei uns Kochbananen – bilden die Grundlage. Nein, das ist kein Tippfehler. Der von den Chinesen eingeführte Reis ist wohl bei so ziemlich jedem Essen präsent, und das bergeweise und trocken. O-ton von Miguel, einem Freund des Ecocentros: „Ohne Reis ist für die Peruaner eine Mahlzeit keine Mahlzeit.“Gleich danach kommen wohl die Bohnen und mit einem Stück Fleisch oder Fisch ist das Hauptgericht eines günstigen Menüs schon komplett. Gemüse ist meist nicht dabei, dafür aber vielleicht in der Vorspeisensuppe, meistens was mit Hühnchen. Hühnchen ist hier überhaupt sehr beliebt. Salat gibt es eventuell mal als Tellerdekoration, an sonsten beim Vegetarier. Obwohl, eine Art von Salat ist doch nicht wegzudenken… Aber dazu später mehr.

    Ein paar selbstgekochte, typisch peruanische Gerichte

    In den ersten Tagen kann man als Freiwilliger gar nicht so recht nachvollziehen, warum (vor allem von Peruanern) behauptet wird, die Peruanische sei eine der besten Küchen der Welt. Aber mit der Zeit lernt man sie doch besser kennen und lieben und ich denke, es gibt nachher keinen, der nicht ein Peruanisches Lieblingsgericht hat.

    Da Felix und ich beide recht gern kochen und uns auch noch glücklich schätzen in einem der wenigen Projekte mit eigener Essensversorgung zu stecken, machten wir natürlich schon bald die ersten tapsigen Schritte in Richtung landestypische Kost. Zunächst bekamen wir dabei Tipps von den Leuten aus unserem Projekt und von einem Kochbuch, das hier rumlag, als wir dann noch peruanische Freunde fanden, die uns was beibringen wollten, konnte es aber richtig los gehen.

    Unser erstes Gericht hiess Causa Rellena und ist bis heute einer meiner Favoriten. Das ist im Grunde eine Rolle aus Kartoffelbrei, die je nach Geschmack mit einer Fleisch- Fisch- oder Sonstwasmasse gefüllt ist. In unserem Fall bestand die aus Avocado, Tomate, Ei, Zwiebel und Mayonaise. Das war sehr lecker, vielen Dank Naif! Laut Kochbuch kommt das Gericht aus Lima.

    Was natürlich unter den typischen Gerichten nie fehlen darf, ist Papa a la Huancaína, dem Namen nach aus Huancayo. Diese Vorspeise von den Zutaten her recht simpel… gekochte Kartoffeln und Eier, eine Olive und Salatblätter zum garnieren. Das raffinierte ist die Sauce, und die hat es in sich: Milch, Käse, Salzkekse, Erdnüsse und gelbes Ají, das gegen die Schärfe angebraten wird .

    Das kommt dann alles in den Mixxer, bis es eine sämig-drabbige Sauce ergibt. Leider wird man abgesehen von Milch und Erdnüssen die richtigen Zutaten wohl nur schwer in Deutschland finden… Naja, ich versuche es sicher trotzdem.

    Da das aber nur eine Vorspeise ist, gab es dann danach Tallarin Verde. Also Nudeln mit einer Art Spinatpesto, natürlich selbst gemacht. Dafür kommt frischer Spinat mit Basilikum, etwas Öl, Käse, Salz und Pfeffer mal wieder in den Mixxer. (Ein tolles Gerät übrigens… Nicht wegzudenken aus den hiesigen Haushalten und mittlerweile auch aus meinem nicht mehr.) Das wird dann noch mit gebratenen Zwiebeln und Knoblauch gemischt und mit den gekochten Nudeln noch mal kurz erwärmt. Sehrlecker. Danke, Ninja.

    Goldene Regeln lernten wir auch von Nilo. Unter anderem: Zwiebeln und auch Käse werden gewaschen, wenn sie nicht gekocht oder gebraten werden. Den Zwiebeln nimmt das die Schärfe, beim Käse, der dem bei uns auffindbaren Feta in Salzlake ähnlich ist, wird ürberflüssiges Salz abgewaschen. Sehr wichtig für den vollendeten Geschmack des Avocadosalates, in den an sonsten noch Tomaten, gekochtes Ei und natürlich zerdrückte Avocado kamen.

    Ohne diese Tipps hätten wir wohl auch eines der simpelsten und doch essentiellsten Rezepte der peruanischen Küche nicht zur Perfektion gebracht (Fanfaren bitte): der Zwiebelsalat, bzw. Ají. Man kann sich an den Mengenverhältnissen eines Tomatensalates orientieren – Viele Tomaten, eine Zwiebel. Jetzt wird das umgedreht, auf so ungefähr drei schön fein geschnittene, je nach schärfegrad ein bis zwei mal gewaschene und eventuell mit einer Prise Zucker vermengte Zwiebeln kommt eine schön klein geschnittene Tomate. Das ganze wird dann mit schön viel Limonensaft und Salz abgeschmeckt und tada: Eine super Beilage oder Sosse, die selbst Reis gar nicht mehr so trocken erscheinen lässt. Auf der Strasse, wir die Tomate dann meist durch klein geschnittenen, scharfen Ají ersetzt und nennt sich einfach nur Ají.

    Das Schmeckt dann auch genial zu fritiertem Yuca, einem Gericht aus Piura, oder Tacacho – gegrillten und zerstampften grünen Kochbananen, die mit Schmalz und Schweinefleisch zu Kugeln geformt werden. Ein typisches Gericht aus der Selva. Daheim haben wir es natürlich mit dem hiesigen Butterersatz gemacht.

    Ach ja, für eine Art Grillparty haben wir noch den hiesigen Kartoffelsalatersatz gemacht, den Ensalada Russa. Der ist durch die viele Rote Beete rosarot, enthält aber auch noch Mais, Bohnen, Tomaten und vor allem Mayonaise.

    Nachtisch darf natürlich auch nicht fehlen. Da haben wir bisher allerdings erst den absoluten Klassiker gemacht: Mazamorra Morada mit Milchreis. Morada heisst violett/lila, und das ist tatsächlich auch die Farbe dieser puddingartigen Masse, dessen wichtigste Zutat und Farbgeber der Maiz morado ist. Der wird ausgekocht, bis seine kräftigen Pigmente und natürlich auch Geschmacksstoffe ins Wasser über gegangen sind. Da kommt dann noch Süsskartoffelmehl zum andicken, einige Früchte (hauptsächlich getrocknet) und Zimt und Nelken hinein. Und das dann über den Milchreis, der sich von selbst versteht.

    Naja gut, und ein Selvatypisches Gericht, das wir eigentlich auch gerne mal als Hauptgericht, morgens, mittags, abends oder einfach mal so zwischendurch naschen: Gebratene Kochbananen.

    Die dann mit viel Öl, Limonensaft und Honig oder karamellisiertem Zucker – zum reinsetzen.

    Ach ja und dann gibt es ja noch Buddin, ein Kuchen, der aus trockenem Weissbrot, Milch, Zucker, Eiern und Vanille besteht. Je nach dem, wo man ihn isst kann er sehr lecker sein, manchmal ist er aber auch einfach viel zu mächtig und zu süss.

    So, hier mach ich erst mal Pause… Der nächste Teil kommt wahrscheinlich nach dem Wochenende. Es sei denn, ich langweile euch, dann sagt bescheid.

    Liebe Grüsse und bis dann!