Ich schäme mich sehr, dass ich mich in den letzten Wochen nicht gemeldet habe. Irgendwie vergeht die Zeit wie im Flug und ich dachte, der letzte Eintrag läge erst ein paar Tage zurück. So richtig viel Spannendes ist bis zu diesem Wochenende aber auch nicht passiert, aber dazu später.
Erst mal ein bisschen was zum Projekt. Also nachdem wir die letzten Wochen vor allem mit Sähen und Pflanzen auf der Chacra beschäftigt waren, haben wir die diese Woche erst einmal in Ruhe gelassen. Nun können die Sternfrucht- und Paranussschösslinge anwachsen und Kartoffeln, Zwiebeln, Ingwer und Avocado haben Zeit zum keimen. Ausserdem haben wir schon in mehreren Bananenreihen angefangen, Papaya zwischen die einzelnen Stauden zu pflanzen, die jeweils ein paar Bohnen als Wiegennachbarn bekommen haben. Die wachsen nämlich schnell, halten das Unkraut fern, spenden den ersten Trieben Schatten, düngen den Boden weil Leguminosen und sind obendrein sogar noch essbar. Ganz fertig geworden sind wir leider noch nicht aber das kommt auf jeden Fall in den nächsten Tagen noch.
Diese Woche haben wir vor allem Tüten mit Erde gefüllt und Stöcker rein gesteckt. Das klingt erst mal komisch aber wenn alles gut geht schlagen die aus und wir haben bald eine Armee von Ziersträuchern.
Am spannendsten und leider auch anstregendensten war aber das wieder frei schlagen des Pfads durch das Sekundärwäldchen des Ökozentrums. Direkt neben der Chacra liegt nämlich ein hübsch verfilztes, nahezu unberührtes Fleckchen und das soll Bauern und Allgemeininteressierten zeigen, was für nützliche Pflanzen da im Wald so wachsen und vielleicht auch, wie man den Wald nutzen kann ohne ihn zu roden. Dazu werden wir für ein paar spannende Pflanzen auf dem Weg noch Schilder machen, zuvor heisst es aber erst mal Machete schärfen und ran. Als besonders fiess entpuppte sich hierbei das bambusähnliche Zeugs, dass auch noch richtig böse Stacheln hat, die problemlos durch Handschuhe kommen.Aber lohnen tut es sich auch… zum Beispiel gibt es dort einen ziemlich grossen und vor allem mächtigen Baum, der eine Aushöhlung im Stamm hat, in der vermutlich Fledermäuse hausen. Vielleicht setze ich mich an einem der nächsten Tage mal zur Dämmerungszeit mit einer Kamera vor die Öffnung. Ausserdem gibt es wilde Bienen in der Höhle eines anderen Baums. Und die sehen sogar mal richtig aus wie typische Bienen und nicht wie die kleinen schwarzen Dinger die hier so als Bienen bezeichnet werden… Fertig sind wir allerdings noch lange nicht… Mal sehen, wie es in der nächsten Zeit weiter geht.
An sonsten habe ich mich nun tatsächlich dazu entschlossen, mir die Grundsachen von Capoeira beibringen zu lassen. Wenn ich es also schaffe mache ich mich abends zum Haus der Efrains auf, wo dann meistens der kleine Ninja schon wartet um uns zu malträtieren. Er ist tatsächlich kleiner als ich aber das macht er mit Auftreten und Körperbau mehr als wett. Man hat wirklich den Eindruck, er besteht nur aus Haut und Muskeln und ganz vielleicht ein paar Knochen. Die Übungen, die wir machen, machen wir meist 50 mal und zwischendurch 50 mal im Liegen die beine hoch und noch 20 bis 30 Liegestütze – meist 2 mal am Abend. Und am Ende wird immer gedehnt. Ich bin wirklich sehr froh, dass mein Körper schon einigermassen gelenkig ist.. Der eine oder andere hat schon ein paart Tränchen weggewischt, als ihm beim Spagat nachgeholfen wurde. Ja, es hat schon ein bisschen was Satanistisches, aber es macht auch echt Spass XD
So, jetzt endlich zum eigentlich spannenden Teil diese Woche. Und zwar war ich am Samstag abend auf einer kirchlichen Hochzeit mit allem drum und dran, mit Braut in Weiss, Blumenkindern und Reis. Da ich in Deutschland nie einer Kirchlichen Hochzeit beiwohnte, kann ich leider keine direkten Vergleiche ziehen, aber hübsch anzusehen war es auf jeden fall. Da reingeraten bin ich übrigens, weil der Bräutigam ein Polizist und Arbeitskollege vom Nilo war. Witzigerweise wurde Felix auch eingeladen, aber von jemand anderem. Puerto Maldonado ist also doch irgendwie ein Dorf 😉
Da ich in Deutschland natürlich nicht gerade Ballkleider in meinen Rucksack gepackt hatte, musste ich mir erst mal angemessene Kleidung besorgen. So ist der Nilo dann am Samstag mittag mit mir losgetiegert und wir haben mir ein langes braun-crèmefarbenes Kleid ausgesucht, um eine hässliche kleine Schramme an meinem Bein zu verdecken. Abends habe ich mir dann noch mal kurz meine vom Klima etwas angegriffenen Haare zurechtzurren lassen und ohne gefragt zu werden wurde ich dann auch noch geschminkt. Alles im selben Geschäft, versteht sich^^ Dazu dann noch goldene Schuhe mit riesigen Absätzen (die am späteren Abend höllisch schmerzten) und noch ein bisschen Glitzerschmuck – Ich muss zugeben, ich sah an dem Abend wahrscheinlich besser aus als an meinem Schulabschluss XD
Tja, und dann ging es in die Kirche. In dem Punkt muss man sich im Kopf von den alten europäischen Kirchen frei machen. Hier in PM sind die Kirchen alle recht neumodisch, aber doch irgendwie hübsch. Diese hier hatte bunte Fenster in vorm von Flammen. Nach peruanischem Brauch begann das Ganze natürlich nicht um 8 sondern erst um halb 9, und zwar mit dem einschreiten der Braut an der Hand des Grossvaters (der Vater ist verstorben), angeführt von Blumenkindern und gefolgt von weiteren Kindern zum Schleppe tragen. Und dann lief eben die Zeremonie ab, vermutlich ganz ähnlich wie in Deutschland auch. Ringe wurden ausgetauscht, geküsst, Hostie und Wein verteilt… Gestört wurde das ganze nur leider von einem kleinen Stromausfall, aber die Kerzen spendeten genug Licht. Die Musik kam übrigens von einem Chor und war definitiv ganz anders als die Kirchenlieder in Deutschland. Ich kann es leider nicht beschreiben aber es klang sehr locker und fröhlich. Ein Lied gegen Ende war besonders spannend, weil plötzlich alle die Menschen vor-, hinter- oder neben sich umarmten, auch wenn diese wildfremd waren. Am Ende der Kirchenzeremonie wanderte das Brautpaar dann durch ein Spalier aus Polizeimützen, die Arbeitskollegen des Bräutigamms hatten sich nämlich am Ausgang aufgestellt.
Gefeiert wurde dann in einem hell eingerichteten Restaurant, in dem alles mit weissen und roten Tüchern voll hing. Leider hatte ich keine Kamera dabei, weil mein Kleid keine Taschen hatte. Es wurde noch die eine oder andere Rede gehalten, Häppchenwurden gereicht und eine Band spielte die ganze Zeit südamerikanische Tanzmusik. Da Nilo grossen spass am Tanzen hat und auch recht gut ist musste ich natürlich auch mit ihm Tanzen. Gegen 12 wurde dann noch ein Essen serviert, davon war allerdings leider nur der Reis vegetarisch. Danach war ich schon schändlicherweise ziemlich müde… Da Nilo gegen 7 wieder arbeiten musste nahmen wir uns eigentlich vor nur noch die wunderschöne Torte abzuwarten. Die bestand aus mehreren aufgebarrten kleinen Torten, die mit Rosen und Brautpärchen dekoriert waren. Leider warteten wir vergeblich… als wir um 3 gingen hatte noch keiner anstalten gemacht, sie anzuschneiden und auch Felix, der erst gegen halb 4 ging bekam nichts ab. Im nachhinein haben wir uns dann gedacht, dass es vielleicht nur eine Atrappe war -.- Schade.
Nun noch fix eine neue Pflanze… Und weil ich von den dingern in letzter Zeit so viele gepflanzt habe und die wirklich lecker sind hab ich mich für die Banane entschieden. Davon gibt es unglaublich viele Sorten hier. Die Kochbananen finde ich am genialsten, weil es die in Deutschland so überhaupt nicht gibt und weil man damit so viel anstellen kann. Wenn sie reif sind, schneidet man sie einmal der länge nach auf, brät sie und ist sie so oder mit Schockosauce oder sonstigen Schweinereien. Grün schneide ich sie am liebsten in kleine Scheiben, brate sie mit ganz viel Öl, Zwiebeln und Salz an und dann gibt es vielleicht noch Avocadocrème oder Mayo dazu. Schmeckt fast wie bratkartoffeln.
Aber auch die normalen Bananen schmecken hier super. Ich habe mich mitlerweile in die Seidenbananen verliebt, die nicht ganz so gross sind wie die in deutschen Supermärkten. Felix dagegen schwört auf etwa Fingergrosse, die man auch super trocknen kann. Es gibt aber auch etwa gurkengrosse Bananen hier…
So noch was zum pflanzen, das ist nämlich auch ganz spannend. Bananen Wachsen an Stauden (und nein, man kann sie nicht gerade biegen =). Jeder Stamm, oder eher Schaft trägt dabei nur einmal Früchte, danach bildet er Ableger und stirbt ab. Und diese Ableger kann man dann halb ausgraben, halb abhacken und einfach so in den Boden stecken. Man braucht sie nicht einmal angiessen, weil sie so viel Saft haben. Wenn man aber ein bisschen darauf achtet, wie man sie einpflanzt, kann man bestimmen, wohin die Früchte hängen sollen. Die wachsen nämlich immer nach aussen, das heisst, wenn man die Ablegerseite, die an der Mutterpflanze hing nach Osten zeigend in den Boden steckt, wachsen die Früchte nach Westen. Dann hackt man auf halber Höhe eine Scharte in den Schaft, das ganze kippt und man kann gemütlich ernten. Um die Pflanzen gesund zu halten muss man hin und wieder die alten Blätter und Schäfte entfernen, damit sich kein Ungeziefer einnistet.Was ich sonst noch spannend fand war, dass man den Blättern der Sprösslinge schon ansehen kann, ob die Pflanze gesund und gut genährt ist. Wachsen die sehr schmal und gerade, ist sie top. Sehen sie schon breit und zerrissen aus wie bei einer alten Pflanze, sind sie nicht in Ordnung.
Die Dinger wachsen übrigens unglaublich schnell. Wir haben zwei Exemplare von der Chacra mitgenommen und im Ecocentro gepflanzt. Nach einem Tag sah das ungefähr so aus:
Nach ca. einem Monat so:
So viel zu dieser wundervollen Pflanze, die wohl viel zur Menschheitsentwicklung beigetragen hat 🙂
Lieben Gruss,
Alondra
Hey Schwesterchen!
Kompliment, du siehst auf dem Foto von der Hochzeit echt klasse aus! Fast schon wie eine richtige Peruanerin! 😉
Habe soeben eine Reservierungsanfrage an ein Hostel in Lima für die ersten 2 Nächte gestellt – mal sehen ob das klappt!
Bis bald und liebe Grüße!
Jenny