Das Campamento

2011
09.24


So, da bin ich wieder.
Nach 5 Tagen in der Pampa bin ich wieder in… nun ja, da, wo es Strom und Klohäuschen gibt. Obwohl wir nur etwa 5km außerhalb der Stadt auf einem Gehöft waren, kommt es einem doch ein bisschen wie eine andere Welt vor. Felix und ich sind nämlich mit der Schule Potsiwa zelten gegangen. Die Schule – das heißt ein kleines Familien-„unternehmen“ bestehend aus Mutter Gladys, Vater Marco und den Kindern Gabriela, Geraldine und Adriano, dann noch Johanna und natürlich rund 30 Kinder unterschiedlichen alters.
Zu der Familie haben wir derzeitig abgesehen von Clara und Rafo den meisten Kontakt, so waren wir auch letzten Samstag anlässlich des Geburtstags von Gladys zum ersten Mal aus. Zu erst waren wir essen (für die anderen gabs Hühnchen, für mich einen wundervollen Salat und dazu verschiedene, herrliche mayonaisenartige Saucen) danach wurden wir in eine Charaokebar geschleppt. Das war wirklich witzig! Leider gab es in dem ganzen vollen Ordner nur genau zwei Seiten englische Lieder und von den spanischen eins, das ich kannte. Merkwürdigerweise hatten sie nicht ein einziges Lied von Juanes… So habe ich dann Antonio Banderas’ „El Mariachi“ aus Desperados zum Besten gegeben und den Felix noch bei „We are the Champions“ und „Let it Be“ unterstützt, weil singen ihm nicht ganz geheuer ist. Danach, so gegen 1, wollten Gabriela, Geraldine und Paula (eine weitere Tochter) uns noch in eine Discotek schleppen, was wir aber erst mal dankend ablehnten. Leider ist Metal hier nicht so recht verbreitet und Popmusik war uns dann doch noch zu unheimlich.
Nun ja, zurück zum Zeltlager. Die menge der Zelte war ein bisschen begrenzt. So teilte sich Felix mit einem Jungen eins, das hier meist als Ein-Mann-Zelt ausgelegt ist, ich verbrachte die vier Nächte in einem typischen Iglu mit drei weiteren Mädchen. Da ich mir jedoch jedes Mal den Platz an der Tür und damit an der Frischluft sichern konnte, schlief ich aber wider erwarten sehr gut. Nur in der letzten Nacht wachte ich ein paar mal öfter auf, erst fing es an zu regnen und zu gewittern, weswegen ich das Zelt schließen musste, dann gabs natürlich Mecker weil es zu stickig wurde und den Rest der Nacht war mir ständig ein Bein oder ein Ellenbogen im weg.
Den größten Teil der Zeit haben wir wohl mit Schwimmen in einem sich quer durchs Gelände schlängelnden Flüsschen verbracht. Das war auch ganz gut so, da das so ziemlich das einzige ist, was gegen die winzigen im Gras lebenden Isangos hilft. Aber dazu später mal mehr…
Abgesehen davon gab es aber auch einige Wanderungen, meist zu etwas entfernteren Wasserstellen. Dabei war es wirklich witzig, den Kindern beim Müll horten zuzusehen. Gabriela hatte sich nämlich was Nettes ausgedacht: Für 4 Bonbonpapiere, die als „Benzin“ ausgeteilt wurden, gab es ein neues Bonbon. Das Selbe galt auch für die Keckspäckchen, von denen zwei als Vormittagssnack dienten. Und ein Keckspapier wiederum war so viel wert wie zwei Bonbonpapiere. So verbrachten die Kinder viel Zeit damit rumzurechnen, zu verhandeln und den Müll eben nicht in die Umwelt zu werfen.
Ein besonderes Highlight war für mich das Kühemelken, da ich das selbst noch nie gemacht hatte, obwohl ich vom Niederrhein stamme. Weil es sich nicht um Hochleistungstiere handelt, beträgt die Milchmenge pro Tag bei vielleicht sechs Milchkühen 35l, und die hatten teilweise noch Kälbchen. Wenn ich die Literzahl bei deutschen Kühen richtig im Kopf habe, liegt die ungefähr bei 20l pro Tag und Kuh! Die hier konnten den ganzen Tag auf dem riesigen Gelände rumlaufen, allerdings sahen sie auch nicht ganz so gut genährt aus. Wie dem auch sei, anschließend zeigte uns Herr Eliverto dann auch noch, wie man aus der Milch Käse macht.

Außerdem konnten die Kinder auf einem kleinen, alten Ponny reiten und Baseball wurde auch gespielt. Zwei mal gab es abends ein Lagerfeuer, wo sich alle Blagen mit Marshmallows vollstopften.
Wir haben viel beim Essen machen geholfen, welches für Zeltlagerküche tatsächlich vorzüglich war. Das könnte aber auch daran liegen, dass die meisten Sachen ziemlich neu für uns waren, wie zum Beispiel trinkbarer Haferbrei mit komischen Früchten drin zum Frühstück.

Auch das Abspülen am Fluss hat relativ viel Zeit in Anspruch genommen – zumal die Blagen sich gerne mal drückten.
Im Gegenzug haben wir uns aber auch gerne mal gedrückt… zugegebenermaßen ich noch mehr als Felix. Den ganzen Tag mit Kindern rumtollen ist schon extrem ansträngend, da ist man froh, wenn man sich mal ein paar Minuten irgendwo verkrümeln kann.
Das war auch der Plan, als es ans Angeln ging: Wir schnappten uns zwei von den krummen Stöcken mit Schnur und Hacken dran, spießten etwas zögerlich ein armes Würmchen drauf (schon wieder etwas, was wir zum ersten mal machten) und verzogen uns weiter nach Fluss abwärts. Wir gaben uns keine Mühe leise zu sein, da wir eh nichts fangen wollten und auch nicht dachten, dass es in dem kleinen Bach viel zu holen gibt. Natürlich völlig klar, dass Felix etwa ein Virtelstündchen später das erste und einzige 10-cm-Fischchen raus zog und etwas panisch gegen einen Baumstumpf schlug.
Für uns ist die Schule schon echt praktisch, da man ein bisschen was über die peruanische Kultur und Mentalität lernt. Es gibt zwar ganz ähnlich wie in Deutschland hier schnell mal Zankereien, oft gehen die Kinder aber auch echt herzlich miteinander um. So bekommt man auch mal vom größten Rabauken ein Küsschen. Und das, obwohl manche Schüler aus etwas schwierigeren Familienverhältnissen stammen. Leider ist Potsiwa eine Privatschule und ich bin mir nicht sicher, wie repräsentativ das ganze im Bezug auf hiesige Kinder und Unterricht ist. Trotzdem ist es aber echt interessant und manchmal auch doch ganz schön, dabei zu sein. Obwohl das Campamento echt anstrengend war und ich froh bin nun wieder im Ecocentro zu sein, waren wohl auch ein paar nette Erfahrungen dabei und ein paar Kindern sind mir auch ein bisschen ans Herz gewachsen.
Fazit: Ich bin mir zwar noch sicherer als vorher, dass Kinder rein gar nichts für mich sind, aber wenn ich welche hätte, wären die bei einer Schule wie Potsiwa schon echt gut aufgehoben.

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